village voice
: Man gönnt ihnen ja sonst nichts: Die Beatsteaks erobern endlich die Album-Charts

Kürzlich mal einen Blick auf die deutschen Album-Charts geworfen? Aktuell stehen dort gleich hinter Yvonne Catterfeld und ein paar anderen üblichen Verdächtigen die Beatsteaks mit „Smack Smash“ auf Platz elf. Genau die Beatsteaks, die eben noch unsere kleine Berliner Punkband waren.

Schon als das Quintett vor ein paar Jahren beim legendären Punk-Label Epitaph unterkam, kam einem das irgendwie seltsam genug vor: Die Hinterhof- Combo von nebenan beim weltweit operierenden Punkrock-Konzern der Bad-Religion-Legende Brett Gurewitz. Und es ging weiter bergan: Manches hätte man schon erahnen können, als sie die Columbia-Halle vor etwas mehr als einem Jahr mit 4.000 Leuten zum Bersten füllten. Zur Veröffentlichung von „Smack Smash“ hoben Magazine wie Visions und Uncle Sally’s die Beatsteaks auf den Titel, und das Publikum hievte sie beinahe in die Topten.

Was war passiert? Dass „Smack Smash“ zwar noch bei Epitaph erscheint, aber hierzulande von einem der großen Unterhaltungskonzerne vertrieben wird, erklärt immerhin den verstärkten Medienauftrieb. Aber auch das neue Werk selbst rechtfertigt die erhöhte Aufmerksamkeit: Den Beatsteaks ist eine zeitgemäße Rockplatte gelungen. Oder anders herum und womöglich exakter formuliert: Die Zeit hat sich so lange gewunden und gewandelt, dass der Punkrock der Beatsteaks plötzlich wieder modern ist.

Denn meistens funktionieren die Beatsteaks tatsächlich wie eine altehrwürdige Punkband: Schon die erste Single „Hand in Hand“ schunkelt in einem gemütlichen Büchsenbier-Rhythmus daher, bis die Stimme in Krächzen umkippt und herzhaft mitgegrölt werden darf. Oder „Ain’t Complaining“, wo ein knirschend lang gezogenes „Aaargh“ den einzeiligen Refrain einleitet, der nur aus einer klassischen No-Future-Botschaft besteht: „Got no reason to communicate“. Andererseits aber trauen sie sich in „Atomic Love“ Beach-Boys-Chöre anzustimmen und tun ganz prinzipiell einfach so, als könnte man sich allen Ballasts entledigen, als könnte man Punkrock noch mal neu erfinden – und tatsächlich: Schon funkelt er wieder in seiner schlichten Schönheit.

Punkrock ist Konsens dieser Tage: Von seinem ursprünglichen, alles verneinendes Wesen hat ihn die Fun Generation zwar gründlich entkleidet, aber für ein bisschen Restrebellion taugt er noch. Mit dem Weichspül-Punk von Bands wie Sum 41, Offspring und Blink 182 fand er den Weg in die Charts, nun gibt es ihn in allen Abpackungen: Von Avril Lavigne für die Kleinsten bis zur Retro-Show von Rancid liegt für alle was in der Auslage. Die Beatsteaks ordnen sich da problemlos ein, vielleicht als deutsches Gegenstück zu den Hives: Mit ihnen teilen sie neuerdings sogar eine Vorliebe für Anzüge und dünne Krawatten, vor allem aber das sichere Gespür für die Balance zwischen der Gewinn bringenden Popmelodie und dem nötigen Anteil Dreck. Dafür, diese Symbiose erfolgreich durchgeführt zu haben, haben sich die Ramones oder die Buzzcocks längst ihr Plätzchen im Punkhimmel gesichert.

Ob die Beatsteaks jemals dort oben aufgenommen werden, ist noch lange nicht ausgemacht. Noch ein paar Platten wie „Smack Smash“ könnten allerdings hilfreich sein. Immerhin haben sie sich schon mal mit einem bereits im Nirwana residierenden Säulenheiligen gut gestellt: „Hello Joe“ ist nicht nur einer der besten Songs auf „Smack Smash“, sondern auch eine Hymne an den vor gut einem Jahr verstorbenen Joe Strummer. Wenn der ein gutes Wort einlegt, steht dem weiteren Aufstieg unserer kleinen Berliner Punkrockband nichts mehr im Wege. THOMAS WINKLER

Beatsteaks: „Smack Smash“ (Epitaph/WEA)