„Dann müsste alles einstürzen“

Finanzverwaltung antwortet in der taz auf Forderungen der „Bürger gegen den Bankenskandal“: Die meisten lehnt sie ab oder hält sie für erfüllt. Pleiterisiken für Berlin sind laut Sarrazins Behörde gering

PROTOKOLL DANIEL SCHULZ

Die Pleite der Bankgesellschaft Berlin hat der klammen Stadt noch mehr Geldsorgen beschwert. Zwei Initiativen haben Ideen, die den Verlust für Berlin in Grenzen halten sollen: Die Initiative „Berliner Bankenskandal“ um den Politologen Peter Grottian und die „Bürger gegen den Bankenskandal“, angeführt vom ehemaligen FU-Präsidenten Rolf Kreibich. Letztere hat mehrere Punkte ausgearbeitet, mit denen Berlin gerettet werden soll. In der taz antwortet die Finanzverwaltung auf diese Forderungen:

Wir fordern den Senat erneut auf, eine Gesamtrevision der Bankgesellschaft Berlin zu veranlassen.

Es hat in der Bankgesellschaft Berlin schon mehrere Revisionen gegeben – auch durch unabhängige Fachleute. Zuletzt wurde die Bankgesellschaft im Auftrag der EU im Zusammenhang mit der Genehmigung der Beihilfen des Landes gründlich geprüft. Die Europäische Union genehmigt eine Rettungsbeihilfe nur, wenn diese dem Unternehmen tatsächlich eine Zukunftsperspektive gibt.

Wir fordern den Senat auf, den Umfang der Haftungsverpflichtungen des Landes Berlin zu klären.

Nominal addieren sich die von der Risikoabschirmung erfassten Risiken auf 21,6 Milliarden Euro. Eine Haftung in diesem Umfang wird aber nicht eintreten: Dafür müssten, bildhaft gesprochen, alle Immobilien in allen Fonds gleichzeitig bei einem bundesweiten Erdbeben einstürzen. Alle Fonds und die mögliche Inanspruchnahme aus den übernommenen Garantien werden derzeit von der Berliner Gesellschaft zum Controlling der Immobilien-Altrisiken mbH (BCIA) analysiert. Die bisherige Prognose ergibt eine geschätzte Belastung des Landes von insgesamt etwa 3,7 Mrd EUR. In der Finanzplanung sind für die nächsten Jahre jeweils 300 Mio. EUR pro Jahr vorgesehen. Das Land Berlin wird nur die Zahlungen leisten, zu denen eine rechtliche Verpflichtung besteht. Diese Prüfungen sind Aufgabe der BCIA.

Wir fordern den Senat auf, keine weiteren Subventionen an die Bankgesellschaft zu leisten bevor nicht die vorher geforderten Prüfungen abgeschlossen sind.

Das Land Berlin zahlt keine weiteren Subventionen an die Bankgesellschaft.

Wir fordern den Senat auf, unverzüglich Verhandlungen mit den Gläubigern der Bankgesellschaft aufzunehmen.

Es ist nicht ganz deutlich, wie diese Forderung gemeint ist. Eine große Gläubigergruppe sind andere Banken, da sich die BGB, wie jede Bank, am Kapitalmarkt refinanziert. Gemeint sein dürften hier die Fondsanleger. Ob es im Rahmen der Minimierung der Risiken sinnvoll ist, mit ihnen über bestimmte Themen Verhandlungen zu führen, ist mit ein Gegenstand der laufenden Überprüfungen der BCIA.

Wir fordern den Senat auf, unverzüglich eine Strategie für die Durchführung eines Entflechtungs- und Insolvenzverfahrens für die Bankgesellschaft und deren Tochtergesellschaften zu konzipieren.

Eine Insolvenz wäre eben gerade keine wirtschaftlich und finanziell tragfähige Lösung für das Land Berlin. Aufgrund der Anstaltslast und Gewährträgerhaftung für die Landesbank Berlin müsste das Land in erheblichem Umfang für finanzielle Forderungen geradestehen. Vom Schaden für den Finanzstandort Berlin und dem Verlust an Arbeitsplätzen ganz abgesehen. In einem Insolvenzverfahren könnten gerade nicht, wie es die Initiative behauptet, wirtschafts- und sozialpolitische Belange berücksichtigt werden. Mit der Entscheidung der EU vom 18. Februar ist nunmehr die Zukunftsperspektive für die Bankgesellschaft eindeutig festgelegt. So wird unter anderem die Berliner Bank herausgelöst und verkauft, das Land Berlin wird seine Anteile an der Bankgesellschaft bis zum 31. Dezember 2007 verkaufen.

Wir fordern den Senat auf, ein sofortiges Einfrieren der Zahlungen an die für die Bankenpleite Verantwortlichen zu veranlassen.

Nicht das Land Berlin, sondern die Bankgesellschaft macht Schadensersatzforderungen gegenüber ehemaligen Mitarbeitern geltend. Solange entsprechende Ansprüche nicht rechtskräftig vor Gericht festgestellt sind, können vertraglich zugesicherte Pensionen nicht ohne weiteres dagegen aufgerechnet und nicht ausgezahlt werden.

Wir fordern den Senat auf, endlich die politische Verantwortung für die Leitung der Bankgesellschaft in eigener Regie wahrzunehmen.

Die Leitung der Bank liegt beim Vorstand und nicht bei der Politik. Eine Forderung der Initiative in diesem Zusammenhang teilen wir aber ausdrücklich: Alle Beteiligten sollten den Senat dabei unterstützen, die Landesanteile an der Bankgesellschaft zu verkaufen.