Wahlbündnis gegen Rot-Rot

Enttäuschte Linke wollen den Berlinern ein Angebot links von der SPD machen. Das Wählerpotenzial wird auf 20 Prozent geschätzt. Volksbegehren für Abwahl der Wowereit-Regierung ist in Vorbereitung

VON THORSTEN DENKLER
UND WALTRAUD SCHWAB

Verschiedene linke Gruppen wollen nach taz-Recherchen mit einem Wahlbündnis bei der nächsten Wahl dem rot-roten Senat entgegentreten. Spätestens am 4. April, ein Tag nach der geplanten Großdemonstrationen gegen Sozialabbau auf dem Alexanderplatz, soll die Öffentlichkeit über das Berliner Wahlbündnis informiert werden.

Zum engeren Kreis der Gruppe zählen Peter Grottian, Politikwissenschaftler an der FU, und der ehemalige Kreuzberger PDS-Direktkandidat Michael Prütz. Prütz, vor zwei Jahren aus der Partei ausgetreten, bestätigte: „Das Wahlbündnis wird kommen.“ Erstes Ziel sei es, über ein Volksbegehren den Berliner Senat abzusetzen. Das Bündnis werde zu der dann anstehenden Wahl antreten. Sollte das Volksbegehren scheitern, „dann warten wir bis 2006“, sagte Prütz. In der Kerngruppe seien neben Gewerkschaftsfunktionären auch Sozialdemokraten aus dem linken SPD-Donnerstagskreis vertreten, sagte Prütz. Namen wollte er nicht nennen. Für das Bündnis würden sich aber „gewichtige Personen“ zur Wahl stellen, kündigte Prütz an.

Hans-Georg Lorenz, SPD-Abgeordnetenhausmitglied und Sprecher des Donnerstagskreises, schloss aus, dass sich Personen aus dem Vorstand des linken Kreises an dem Bündnis beteiligten. Er könne aber nicht für alle Mitglieder sprechen. Er räumte einem Wahlbündnis durchaus Chancen ein. Nach den „unsozialen Maßnahmen“ des Senats sei ein Vakuum links von der SPD entstanden. Ein Wahlbündnis, das sich in diesem Vakuum positioniere, könne „sicherlich über fünf Prozent kommen“. Ein solches Ergebnis würde die Parteienlandschaft in Berlin dramatisch verändern.

Auch Werner Halbauer, der die Großdemo am 3. April mit organisiert und sowohl für das Berliner Sozialbündnis als auch für Attac aktiv ist, geht davon aus, dass das Wahlbündnis kommen wird. Das Wählerpotenzial schätzt er auf 20 Prozent. Halbauer hat nach eigenen Angaben Kontakt zu vier Gruppen, die an Vorbereitungen für ein Wahlbündnis arbeiten. Er forderte alle Beteiligten auf, die Kräfte zu bündeln.

Peter Grottian sagte der taz, ein Wahlbündnis sei zwar „nicht mehr zu verhindern“. Über die Frage des Wie aber gebe es noch Differenzen. Grottian nannte als Bedingungen für einen Erfolg, dass sich integre Persönlichkeiten für das Bündnis engagierten. Auch eine breite Programmatik sei vonnöten. Bisher jedoch gebe es nur über Einzelpositionen Einigkeit, wie etwa zur Frage der Kitagebühren. Dem Vernehmen nach soll der stadtpolitische Kongress, den das Sozialbündnis im Juni veranstaltet, die nötigen Impule für ein eigenes Programm geben.