schwabinger krawall: wildmoser raus! von MICHAEL SAILER
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Der Hubsi hat gesagt, das sei ein Wahnsinn. Man könne doch nicht den Präse wegen einer windigen Diridarigeschichte nach Stadelheim hineinsperren und sehenden Auges zulassen, dass der TSV 1860 wieder in die Bayernliga hinabrumpelt. Ihm sei das ziemlich wurscht, hat der Jackie gesagt. Er sei zwar ein Sechziger, gehe aber ins Olympiastadion sowieso nicht hinein, und von Fröttmaning mit seiner Allianz-Arena wisse er bloß, dass es irgendwo bei Stuttgart liegt; das sei ihm sogar absolut wurscht.

Der dicke Kerl von dem Event-Blatt meinte, es sei mal wieder typisch. Kaum habe einer eine Dynamik und kümmere sich um das urbane Look & Feel und darum, dass München im Konzert der Metropolen mitgeige, da komme schon ein spießiger Staatsanwalt daher und müsse sich hineinmischen.

Der Hubsi hat sich drei Weißbier hineingeschraubt, weil er von dem ganzen Zirkus einen furchtbaren Durst bekommen hat, und wie es dann auf den späten Nachmittag zugegangen ist, hat er eine Idee bekommen: „Wir holen den Wildmoser raus! Das ist notdürftige Selbsthilfe und Bürgerpflicht!“

Der Jackie hat nicht genau gewusst, was der Hubsi meint, aber wenn es einen Rabatz gibt, ist er immer dabei. Der Kerl von dem Event-Heft hat gesagt, er täte schon gern mit, habe aber wegen diverser Lappalien selber den einen oder anderen Staatsanwalt am Hals und wolle das nicht überspannen. Weil der Jackie gesagt hat, er sei eine feige Sau, hat er vorgeschlagen, in seinem Event-Heft zur Großdemonstration vor Stadelheim aufzurufen. Bis das Heft erscheint, hat der Hubsi gesagt, ist der Käse längst gebissen, außerdem lesen das sowieso bloß hundert Leute, und er solle sich verzupfen, Defätist, elendiger.

Also hat sich der dicke Kerl zwei Pizzas bestellt, und der Jackie und der Hubsi sind mit dem Taxi nach Stadelheim gefahren. Dort haben sie sich an einem Kiosk acht Büchsen Bier gekauft und dann hinten in der Stettnerstraße an der Gefängnismauer zwei Stunden lang „Wildmoser raus!“ gebrüllt, bis endlich ein Anwohner gekommen ist und gesagt hat, der Wildmoser sei genug gestraft und brauche sich nicht auch noch von dahergelaufenen, besoffenen Rotzlöffeln beschimpfen lassen, und sie sollten sich sofort schleichen, sonst schmiere er ihnen eine.

Der Jackie hat versucht, das Missverständnis zu klären, aber derweil wollte der Hubsi die Mauer hinaufklettern, ist aus einer Höhe von einem halben Meter herabgestürzt, hat sich das Steißbein geprellt und ein paar Fingernägel abgerissen und deswegen das Brüllen wieder angefangen, aber diesmal nicht „Wildmoser raus!“, sondern „Verdammte Scheiße!“

Dann ist eine Funkstreife dahergekommen: Wenn keine Ruhe sei, war die Ansage, sperre man den Jackie und den Hubsi gern zum Wildmoser dazu, was der Hubsi inzwischen auch nicht mehr so energisch befürworten wollte.

So sind sie in einer Giesinger Beizen furchtbar abgestürzt; und am nächsten Vormittag ist der Jackie, ohne dass er sagen könnte, wie er dahin geraten ist, im Perlacher Forst aufgewacht, weil ihn ein Hund abgeschleckt hat. Dann hat er beschlossen, dass er in Zukunft eher für Unterhaching ist, wenn überhaupt.