Virus ohne Spur

Immer noch ist unklar, wie die im Mai ausgebrochene Geflügelpest auf den Hof in Schwalmtal gelangt ist

BERLIN taz ■ Eine Herde von 8.000 Küken – auch gestern kursierte eine Spur, auf der die Vogelgrippe nach Deutschland kam. Allerdings nicht lange: Die von Belgien nach Deutschland exportierten Jungtiere waren zuerst in einen anderen Hof gelangt, bevor sie den Seuchenhof in Schwalmtal erreichten. „Auf dem anderen Hof ist die Krankheit nicht ausgebrochen“, so Ursula Horsetzky, Sprecherin beim Bundesagrarministerium. Zudem hätten die Küken Schwalmtal am 22. April erreicht. Die Grippe war aber erst am 8. Mai ausgebrochen. Horsetzky: „Wären sie Träger des Virus gewesen, hätte es wesentlich eher Symptome geben müssen.“

In Brüssel trat am späten Nachmittag der Ständige Ausschuss für Tiergesundheit der EU zusammen, um über das deutsche Ansinnen, Zoo- und seltene Zuchttiere impfen zu wollen, zu entscheiden. Dass dem nachgegeben wird, galt als wahrscheinlich: Eine Sprecherin von EU-Verbraucherschutzkommissar David Byrne hatte erklärt: „Darin sehen wir kein Problem.“ In den Niederlanden ist das Impfen von Zootieren schon länger genehmigt. Eine Impfung der Geflügelbestände in NRW lehnt die EU-Kommission dagegen ab.

„Der Ausschuss muss über einen von Deutschland beantragten Korridor entscheiden, über den Geflügelprodukte transportiert werden dürfen“, so Horsetzky. Seit der EU-Exportsperre vom Montag darf kein Schlachtvieh Nordrhein-Westfalen mehr verlassen. „Da die Schlachtkapazitäten hier zu klein sind, sind die Probleme nur durch eine Änderung durch Brüssel zu vermeiden“, heißt es in einem internen Ministeriumspapier.

Auch der Agrarausschuss des Bundestags befasste sich gestern mit der Tierseuche. Die Opposition hatte eine Sondersitzung einberufen. Nachdem Bauernpräsident Gerd Sonnleitner „Impfen statt töten“ gefordert hatte, will das jetzt auch die FDP.

Kritik daran kommt aus einer Ecke, aus der man es kaum vermutet: von der deutschen Geflügelwirtschaft. „Dieses Verknappen auf den Slogan ‚Impfen statt töten‘ schadet uns eher, als dass es uns hilft“, erklärte Thomas Jannig, Sprecher des Bundesverbandes deutscher Geflügelschlachtereien. Die Wissenschaft sei momentan überhaupt noch nicht so weit, alle Fragen, die beim Thema zu beachten wären, hinreichend zu beantworten. „Nationale Lösungen helfen sowieso nicht weiter“, so Jannig. So würde heute etwa der deutsche Geflügelfleischmarkt nur zu 40 Prozent von einheimischen Lieferanten bedient. NICK REIMER

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