Justizministerin: Telefonabhören maßvoll

Die Zahl der abgelauschten Gespräche steigt seit 1995 um das Fünffache – die Ministerin Zypries stört das nicht

BERLIN taz ■ Die Zahl der Telefonüberwachungen ist mit 21.874 auch im vergangenen Jahr wieder deutlich gestiegen (2001: 19.896). Damit hat sie sich seit 1995 fast verfünffacht. Dies bedeute aber nicht, erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) gestern bei der Vorstellung eines Gutachtens des Max-Planck-Instituts in Freiburg, dass Deutschland Weltmeister im Abhören sei. Vielmehr sei sie „wirksam und maßvoll“. Die Anklagen bei überwachten mutmaßlichen Straftätern liege bei 58 Prozent, bei Verurteilungen sogar bei 94. Überwiegend würden Überwachungen beim Verdacht auf Rauschgifthandel, Menschenhandel und bei Verstößen gegen das Kriegswaffenkontrollgesetz eingesetzt. Probleme sieht Zypries nur bei den richterlichen Anordnungen, die „nur allgemein“ begründet seien.

Auch die nachträgliche Information Betroffener finde zu selten statt. Eigenen Handlungsbedarf sieht sie deshalb nicht. Wichtiger sei es, „die Praxis stärker in die Pflicht zu nehmen“. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Joachim Jacob sieht dies völlig anders. Eine nachvollziehbare Erklärung für den Anstieg gebe es nicht. Er habe den Verdacht, die Lauschereien seien längst polizeiliche Standardmaßnahme. „Die bekannten Zahlen zwingen zum Handeln“, meint der grüne Bundestagsabgeordnete Jerzy Montag. OD

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