Ohne Pflug

Die Freunde der Stadthallenarchitektur sammeln weiter Argumente gegen den Umbau

taz ■ Gerhard Pichler, er lehrt in Berlin Tragkonstruktion und Statik, hat ein schönes Bild gefunden. Ganz wie der Ackergaul sich ins Zeug lege, um den Pflug zu ziehen, so strecke die Stadthalle sich kraftvoll nach vorn um mit inneren Zugkräfte die Last des Daches aufzunehmen. Pichler: „Es ist, als wenn sie den Pflug wegnehmen, wenn sie die Hängedachkonstruktion der Halle zerstören. Es bleibt ein Spottbild.“

Bei einer Debatte am Donnerstagabend diskutierte die Arbeitsgemeinschaft „Erhalt der Stadthalle“ erneut den für Herbst vorgesehenen Umbau, der für rund 3.500 neue Sitzplätze das Hängedach opfern würde. Die 1965 vollendete Stadthalle beweise, so der Bremer Kunstprofessor Michael Müller, „dass es sehr wohl eine hervorragende Architektur im Geiste der Moderne gegeben hat“.

Langsam aber sicher bewegte sich das Gespräch damit auf eine Kritik an Denkmalpfleger Georg Skalecki hin: Er hätte sich vehementer für den Schutz der Halle einsetzen müssen. Der so Angegriffene verwies auf seine kurze Amtszeit (“Als ich herkam, stand der Umbau schon fest“), zum anderen auf die „fehlenden wissenschaftlichen Grundlagen“. Professor Pichler schüttelte darob das Haupt: „In Berlin ist mehr Bewegung im Denkmalschutz“.

Selbst in Schutz genommen wurde Skalecki letztlich vom Hamburger Bauhistoriker Ralf Lange. Der arbeitet zurzeit an einem solchen Grundlagenwerk über 60er Jahre-Bauten und lobte Skalecki für seine aktive Mitarbeit – an seiner früheren Arbeitsstelle in Saarbrücken.

Es gibt aber noch gewichtigere Gründe für das Zögern des Denkmalschützers. „Es muss einen öffentlichen oder politischen Meinungsumschwung geben“. So weit, wie das Verfahren bereits gediehen sei, habe ein Antrag keinen Sinn mehr. Katrin Rabus von der Kulturinitiative Anstoss nahm den Hinweis auf. „Den meisten Menschen werden wir die Schönheit der Konstruktion nicht nahe bringen. Aber vielleicht die ökonomische Kritik.“ Die Leute hätten es satt, wenn Geld aus dem Fenster geworfen werde. Diese Kritik übernahm an diesem Abend Wilfried Turk, ehemals Vorsitzender der Architektenkammer. Es gebe für den Umbau „keinerlei betriebswirtschaftliche Kosten-Nutzen-Rechnung“ erzürnte er sich. Auch die fiskalischen Annahmen, wonach der Umbau sich durch Steuereinnahmen rechne, sei „durch nichts belegt“: „Welcher Übernachtungsgast gibt 300 Euro aus“ wunderte er sich. Und: „Wie kann eine Stadtbürgerschaft eine solche Vorlage schlucken?“

Konstruktiv wurde zuletzt wieder Katrin Rabus: Warum nicht eine neue Halle in der gewünschten Größe in den Space Park integrieren „und die alte in aller Schönheit als Kulturhauptstadtsprojekt anmelden“? hey