Spurs brechen Lakers-Bann

San Antonio beendet im Viertelfinale der Basketball-Liga NBA die dreijährige Vorherrschaft der Los Angeles Lakers, die nun vor der Aufgabe stehen, ihr gealtertes Team mit neuem Leben zu erfüllen

von MATTI LIESKE

„Es ist ein fremdes Gefühl, und ich hasse es“, stammelte der Basketballer Kobe Bryant unter Tränen. Auch für die 18.997 Fans im Staples Center von Los Angeles war es ein ungewohntes und hassenswertes Gefühl, ihre Lakers mit einem beschämend deutlichen 82:110 gegen die San Antonio Spurs und dem 2:4 in der Serie aus dem NBA-Viertelfinale ausscheiden zu sehen. 13 Play-off-Serien in Folge und drei Meisterschaften hatten sie gewonnen, seit Phil Jackson 1999 den Trainerposten übernahm, doch seit Donnerstag ist klar: Die einzige Mannschaft in der NBA-Geschichte mit vier Titeln hintereinander bleiben die Boston Celtics. Keine geringe Freude für all jene, die den Lakers ob ihres oft überheblichen Gebarens einen weiteren Erfolg herzlich missgönnt hätten.

„Es gäbe einemillioneins Entschuldigungen, die wir nennen könnten“, sagte Kobe Bryant, „aber das tun wir nicht. Sie haben besser gespielt.“ In Partie sechs konnte er zum Beispiel selbst hautnah besichtigen, warum Tim Duncan und nicht er zum besten Spieler der Saison gewählt worden war. Mit 37 Punkten und 16 Rebounds dominierte ein überragender Duncan die Lakers, perfekt assistiert von Point Guard Tony Parker. Der flinke Franzose, der vor zwei Jahren als recht unbekannter 18-Jähriger aus Europa kam und bei den Spurs sofort den schwierigsten Posten in der NBA übernahm, steuerte 27 Punkte und fünf Assists bei.

„Wir haben die Disziplin vermissen lassen, die man als Basketball-Klub braucht, und dafür den Preis bezahlt“, analysierte Phil Jackson und schob einige der Entschuldigungen nach, die Bryant nicht sagen wollte: „Wir waren ein bisschen älter, wir hatten Verletzungen, wir hatten ein hartes Jahr.“ Das gilt nicht zuletzt für den 57-Jährigen selbst, der mit gesundheitlichen Problemen kämpfte, aber trotzdem das letzte Jahr seines Vertrages erfüllen will. „Ich denke, ich werde zurückkommen und dieses Team trainieren“, erklärte er. „Für uns hat genau heute die nächste Saison begonnen“, blickte auch Kobe Bryant schon voraus – eine Saison, die kaum einfacher werden dürfte.

Mehr als je zuvor basierten die miserabel gestarteten Lakers zuletzt auf Kobe Bryant und Shaquille O’Neal, der mit 31 Punkten und 10 Rebounds auch im letzten Match seinen Job erfüllte. Bryant hingegen blieb mit 20 Zählern weit unter seinem Schnitt. Oft punkteten bei den Lakers minutenlang nur diese beiden, wenn sie pausierten, fiel das Team ab. Duncan dagegen konnte bei den Spurs nicht nur auf Parker rechnen, sondern fand mit Leuten wie Bruce Bowen, Speedy Claxton, Malik Rose, dem Veteranen David Robinson, Stephen Thomas oder dem Argentinier Emanuel Ginobili, der Verheerungen in der Lakers-Defense anrichtete, wenn er von der Bank kam, vielfältige Unterstützung. Für die Lakers-Verteidiger waren die Spurs oft genau das, was Claxtons Name so schön signalisiert: zu speedy.

Weil Lakers-Besitzer Jerry Buss die Luxussteuer für eine Überschreitung der Gehaltsobergrenze nicht zahlen wollte, konnten keine echten Verstärkungen geholt werden. Ein Problem, das die Lakers auch in Zukunft plagen wird. Die teuren Verträge von Kobe und Shaq lassen kaum etwas für andere übrig. So dürfte es schwer werden, herausragende Free Agents wie Jermaine O’Neal, Lamar Odom, Jason Terry, Elton Brand, Michael Olowokandi oder Gilbert Arenas zu locken. Zumal diese sicher wenig Lust verspüren, sich mit einer kleinen Nebenrolle im Schatten der beiden Superstars zufrieden zu geben. Bleibt eigentlich nur die preisgünstige Verpflichtung alternder Größen, die endlich mal einen Titel gewinnen wollen, Karl Malone und Gary Payton etwa, oder der Neuaufbau. Eingeleitet zum Beispiel durch die Abgabe von Kobe Bryant, der ohnehin nur noch ein Jahr Vertrag hat.

Die San Antonio Spurs müssen sich mit solchen Dingen nicht belasten. Sie haben ihr Team beisammen, stehen im Halbfinale und warten in Ruhe auf ihren Gegner. Der wird heute in der siebten Partie zwischen den Dallas Mavericks und den Sacramento Kings ermittelt, nachdem Letztere Spiel sechs mit 115:109 gewonnen haben.