Für das Kind sollte man vorsorgen

Wer seinen Sprössling gegen Invalidität, Unfall oder Krankheit schützen will, muss sich genau informieren. Ausschlussklauseln sorgen für Verwirrung. Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt nur bei Unfällen auf dem Weg zur Schule oder zur Kita

Der umfangreicheVersicherungsschutzbei Invaliditäthat seinen Preis

Eltern kennen solche Schrecksekunden: Da hüpft der Sprössling auf dem Bordstein entlang, knickt mit einem Bein um, ein Auto kommt – weicht ganz knapp aus. Gerade noch mal gut gegangen. Was aber, wenn der Kleine tatsächlich einen Unfall hat und womöglich lebenslang behindert ist? Viele Eltern stellen sich diese Frage und schließen eine Versicherung für ihr Kind ab. Doch Vorsicht: Wer nicht genau auf die Klauseln achtet, läuft Gefahr, kein Geld zu bekommen.

Die erheblichen finanziellen Belastungen, die eine Familie bei einem Unglück des Kindes tragen muss, können mit einer Kinderinvaliditätsversicherung gemildert werden. Diese Art der Policen ist relativ neu. Erst Mitte der 90er-Jahre wurde sie von Versicherungen entwickelt. Sinnvoll sind sie auf jeden Fall: Schließlich geht es nicht nur um Kosten wie beispielsweise Wohnungsumbauten bei Kindern im Rollstuhl, sondern auch um ein lebenslanges Einkommen.

Die gesetzliche Unfallversicherung zahlt nur sehr wenig und auch nur dann, wenn der Unfall sich im Kindergarten, in der Schule, auf dem Weg dorthin oder von dort nach Hause ereignet. Nicht versichert sind Kinder, wenn sie in einer Pause nur mal schnell das Schulgelände verlassen. Oder in den Ferien, der Freizeit. Regelmäßige Zahlungen gibt es nur von der Pflegekasse oder vom Sozialamt. So bezahlt die Pflegekasse bei Behinderung je nach Pflegestufe 205 bis 665 Euro. Doch gerade Kleinkinder brauchen mehr.

Dennoch: Eltern können sich mit der Suche nach einer geeigneten Versicherung Zeit lassen. Die Wahrscheinlichkeit, dass eine Kind schwer behindert wird, ist nach Angaben des Statistischen Bundesamtes gering. Nach den letzten vorliegenden Zahlen waren im Jahr 2001 beispielsweise fünf von 1.000 Kindern unter vier Jahren von einer Behinderung betroffen. Gemessen an der Gesamtbevölkerung sind vier Prozent aller Deutschen unter 25 Jahren behindert. Krankheiten sind dabei mit rund 85 Prozent weit häufiger der Grund für eine Behinderung als Unfälle. Zudem kann in den meisten Fällen erst eine Versicherung für das Kind abgeschlossen werden, wenn es das erste Lebensjahr gesund überstanden und die Volljährigkeit noch nicht erreicht hat. Die Kinderinvaliditätsversicherung wird in unterschiedlichen Leistungsmodellen angeboten. Entweder erhält das Kind eine Einmalzahlung oder eine lebenslange monatliche Rente. Auch Kombinationen werden angeboten.

Testsieger der Zeitschrift Finanztest (Juli 2002) war die R + V Kinderversicherung. Sie bezahlt sowohl lebenslange Rente als auch einmalige Summen und bietet den Eltern klar formulierte Anträge. Da diese Versicherungen auch gegen Behinderungen im Krankheitsfall versichern, müssen die Gesundheitsfragen mit besonderer Sorgfalt ausgefüllt werden. Bei Unsicherheiten hinsichtlich der Fragen und Antworten sollten Eltern sich an den Kinderarzt oder den Versicherer wenden, um alles eindeutig zu klären. Schlampt man beim Ausfüllen des Gesundheitsbogens, kann die Versicherung von dem Vertrag zurücktreten. So zahlen beispielsweise die meisten Versicherer nicht, wenn das Kind später durch eine angeborene Krankheit doch noch behindert wird. Nur die Schweizer Nationale, die Huk-Coburg, die Mannheimer und eben die R +V Versicherung zahlten laut einer Studie der Zeitschrift Ökotest im Oktober bei einer nach dem ersten Lebensjahr auftretenden Krankheit mit Invaliditätsfolge.

Doch der umfangreiche Versicherungsschutz hat seinen Preis. Auch die von Finanztest gelobte Versicherung der R + V kostet für Kinder unter drei Lenzen jährlich immerhin die stolze Summe von 495 Euro, bis acht Jahren liegt sie bei 386 Euro und ab neun Jahren bei 331 Euro. Auf eine Familie mit zwei Kindern unter fünf Jahren kommen also immerhin monatlich 73 Euro Belastung zu. Helfen kann in diesem Falle übrigens, sich nach Rabatten oder Familientarifen zu erkundigen. Die meisten Versicherer gewähren einen Preisnachlass auf Anfrage.

Finanztest nahm ebenso die auf dem Markt angebotenen gängigen Modelle der Kinderunfallversicherungen unter die Lupe. Eine Unfallversicherung zahlt einen einmaligen Betrag aus, wenn Invalidität ab einem gewissen Schweregrad vorliegt. Unfallrentenversicherungen werden oft im Verbund mit einer Unfallversicherung verkauft. Bei ihnen bezahlt der Versicherer ab 50-prozentiger Invalidität eine lebenslange monatliche Rente. Beide Versicherungen sind ohne Gesundheitsprüfung zu haben. Großes Manko dieser Versicherungen: Sie zahlen nur bei Unfall, nicht aber bei Behinderung durch eine Krankheit. Und die 50-Prozent-Grenze muss erreicht sein.

Die günstigste Unfallversicherung für Kinder ist für einen Preis von fünf Euro monatlich zu haben. Bei dem vorgenannten Beispiel mit zwei Kindern immerhin ein Unterschied von 60 Euro in der monatlichen Belastung. Verbindet man Unfallversicherung und Unfallrentenversicherung, müssen noch einmal zehn Euro monatlich für zwei Kinder, egal welchen Alters, draufgelegt werden. Die Versicherungssumme bei einer Kinderunfallpolice sollte 75.000 Euro nach Möglichkeit nicht unterschreiten. Wer einen Progressionstarif vereinbart, bekommt eine höhere Summe – muss aber monatlich auch mehr investieren.

Eltern sollten sich jedoch selbst nicht vergessen: Der Hauptverdiener der Familie muss für den schlimmsten Fall dafür vorsorgen, dass die Familie auch ohne ihn über die Runden kommt. Denn wie schon bei den Kindern deckt die gesetzliche Rentenversicherung – und die etwaige Halbwaisenrente – nicht die Kosten einer Familie. Eine Risikolebensversicherung für beide Elternteile kann die Familie für diesen Fall wappnen. Zudem sollte auch der Partner, der sich hauptsächlich um Haushalt und Kinder kümmert, versichert werden. Im Falle seines Todes müsste anderenfalls der Hauptverdiener die meist teuren externen Hilfen aus eigener Tasche zahlen. MARIA LESHER