gottschalk sagt
: Interaktiver Schnickschnack

CHRISTIAN GOTTSCHALK: Die Kolumne am Donnerstag

Ab und zu muss man seine Meinungen über Leute überprüfen. Vor allem Humoristen sollten das tun. Wenn Ingo Appelt zum Beispiel Herbert Grönemeyer parodiert, parodiert er einen Grönemeyer aus der „Flugzeuge-im-Bauch“-Phase des populären Sängers. Auf seinem Album „Mensch“ hat Grönemeyer aber einen ganz anderen Gesangsstil, man kann den Text sehr gut verstehen. Viele Humoristen machen billige Witze über die Frisur von Angela Merkel. Dabei geht sie zum Friseur Udo Waltz, einem Meister seines Fachs, dem viele Prominente vertrauen. Außerdem will sie Kanzlerin werden und nicht „Miss Parlament“.

Ich war lange der Meinung, André Heller sei der nervigste Österreicher seit Kaiserin Sissi. Dann sah ich ihn vor einigen Wochen im Fernsehen und fand ihn nett. Ein freundlicher gestörter Herr mit Humor. Man muss ihm die Erfindung von Cirkus Roncalli deshalb nicht verzeihen.

Ein Werk des sympathischen Multitalents ist derzeit in Köln zu bewundern: Der Fußballglobus. Wer Hot-Dog-Buden mag, die aussehen wie Hot-Dogs, wird auch diesen Fußball mögen. Nachts allerdings, ließ ich mir sagen, sähe er wirklich toll aus, auf seiner Oberfläche erscheinen mal die Erdteile, dann sieht er wieder aus wie ein Fußball. Deshalb: Fußballglobus.

Wenn schon mal ein Fußballglobus in der Stadt ist, dachte ich mir, gebe ich mal zwei Euro aus und gehe rein. Fehler. Das Innere besteht hauptsächlich aus einer Rundumleinwand mit allerlei interaktivem Schnickschnack: Man kann zum Beispiel an einem Touchscreen ein potthässliches Maskottchen massieren. Kein interaktiver Schnickschnack ohne „Schnittstelle zum Internet“: Man kann auf der Seite der FIFA ein Zitat zum Thema „Fußball – meine Liebe“ eingeben, und danach erscheint der Satz auf der Leinwand im Fußballglobus „und beeinflusst so direkt die Stimmung im Fußballglobus... beteilige Dich an einer einzigartigen völkerverbindenden Aktion“ (Werbetext). Während der wenigen Minuten, die ich mich in dem Globus aufgehalten habe, wurde klar, wo die Schwachstelle aller interaktiven Konzepte ist: Es machen wirklich Leute mit. Unter anderem elfjährige Jungs. Und die tippen dann mal kurz ein, dass sie Fußball lieben „...weil es bei uns keine Weibermannschaft gibt“. Die Stimmung im Globus hat es aber nicht beeinflusst.