Geheimnisvolle Wahl

Hochschule für Angewandte Wissenschaften bekommt neuen Präsidenten. Wer es wird, soll keiner wissen. Heute Entscheidung im Hochschulsenat

von KAIJA KUTTER

An der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW) am Berliner Tor ereignet sich heute eine Premiere. Zum ersten Mal wird nach den Regeln des neuen Hochschulmodernierungsgesetzes ein Präsident gekürt. „Das ist hier eine ganz heiße Sache“, berichtet HAW-Sprecherin Katharina Jeorga. „Wir haben einen Kandidaten, der sehr gut ist und genau dem Profil entspricht, das wir brauchen.“ Den Namen dürfe sie jedoch noch nicht nennen. Hochschulrat und Kandidat hätten dies so gewünscht.

Das ist ungewöhnlich, bei früheren Wahlen an Universität und Fachhochschule wurde die Kandidatenkür in der Regel sogar Wochen vorher von einer öffentlichen Debatte begleitet. Nach dem neuen Gesetz von Wissenschaftssenator Jörg Dräger (parteilos) wird der Präsident jedoch nicht mehr vom Hochschulparlament gewählt – der Große Senat wurde im Mai 2003 abgeschafft. Stattdessen wurden bekanntlich zur Hälfte extern besetzte „Hochschulräte“ installiert, die den Präsidenten wählen und auch die Findungskommission einsetzten, die nach Bewerbern Ausschau hält.

Nach taz-Informationen fiel die nicht öffentliche Wahl des HAW-Hochschulrates auf Michael Strawicki, den Vizepräsidenten der Fachhochschule Wiesbaden. Doch bevor er Präsident wird, so viel Demokratie muss sein, soll der Mathematiker heute vom HAW-Hochschulsenat bestätigt werden. Und ob das passiert, wird hochschulintern mit Spannung erwartet. „Bei diesem Hochschulsenat weiß man nie. Er besteht immerhin aus zwei Leuten, die selber Präsident werden wollten“, unkt ein Mitarbeiter. Sollte nicht wenigstens die Hälfte des von Professoren dominierten Selbstverwaltungsgremiums für Strawicki stimmen, müsste sich der Rat erneut auf Kandidatensuche begeben.

Und damit würde auch die seit zwei Jahren schwelende Führungskrise an der HAW verlängert: Amtsvorgänger Hans-Gerhard Husung warf im Herbst 2002 das Handtuch, nachdem im Mai des Jahres ein von Professoren initierter Abwahlantrag nur knapp mit zwei Stimmen gescheitert war. In Zeiten, in denen Dräger die Hochschulstrukturreform durchdrückt und um Ressourcen und Studienplätze gerungen wird, wäre die mit 13.000 Studierenden zweitgrößte Hamburger Hochschule ohne Chef. Mancher an der HAW meint, das wäre kein Schaden. Viele würden eine Fortsetzung der Führungsvakanz dagegen zutiefst bedauern „schon von der Arbeit her“.

Einen Konflikt mit Dräger gibt es beispielsweise um die Frage, wie viele Masterstudierende die HAW haben darf. Und auch den geforderten Abbau von über 70 Anfängerplätzen im Bereich Medien, Information und Gestaltung will man nicht mitmachen.

Eine Präsidenten-Neuwahl steht im kommenden Mai übrigens auch an der Universität an. Studentenvertreterin Golnar Sephernia wünscht sich dafür ein „öffentliches Verfahren“, schließlich sei die Leitung einer Hochschule auch ein öffentliches Amt.