DIE KASSEN DÜRFEN NUR FÜR RATIONAL PRÜFBARE MEDIKAMENTE ZAHLEN
: Privat glauben, privat zahlen

Anhänger der sanften Medizin, die lieber homöopathische Kügelchen als chemische Pillen schlucken, dürfen aufatmen. Gesundheitsministerin Ulla Schmidt hat sich durchgesetzt, auch künftig werden die Krankenkassen bei einigen schweren Leiden Ökoarznei bezahlen. Die Ärzte im Bundesausschuss verhehlten zwar nicht, was sie von solch weltanschaulicher Medikation halten – nämlich gar nichts. Doch sie vermieden den Konflikt mit der Ministerin. Warum wegen ein paar Wässerchen streiten, mögen sie gedacht haben. Die Patienten sparen, die Ministerin hat ein paar rote und grüne Wähler besänftigt und das Armdrücken mit der Ärzte- und Kassenlobby für sich entschieden. Politisch mag die Regelung sinnvoll sein. Sachlich ist sie falsch.

In Zeiten, in denen Ersatz für faulende Zähne und der gebührenfreie Arztbesuch für Obdachlose als nicht mehr finanzierbar gelten, sollte allein eine Regel gelten: Die Kassen bezahlen jene Naturarznei, deren Wirkung wissenschaftlich nachweisbar ist. Davon gibt es schließlich genug. Doch gerade von diesen Medikamenten wollen die Kassen künftig nur noch vier erstatten. Warum aber muss der Arzt gefährliche Chemie verschreiben, wenn Ökopillen den Patienten genauso gut kurieren? Beim gutartigen Prostata-Syndrom etwa, einem Standardleiden alter Männer, hilft im leichten Stadium Pflanzenarznei. Sie ist nicht nur nebenwirkungsarm, sondern auch preiswert. Im Einzelfall also könnten die Kassen sogar sparen, wenn sie auf Naturwirkstoffe setzen.

Andererseits ist nicht verständlich, warum die Solidargemeinschaft Präparate bezahlen soll, deren heilende Kraft nicht rational erklärbar ist. Wer homöopathische und anthroposophische Medikamente erstellt, beruft sich auf Tradition und Überzeugung. Von Fall zu Fall helfen diese Präparate, sei es aus Glauben oder weil sich in ihnen Wirkungen verbergen, die wissenschaftliche Methodik bislang nicht erfassen kann. Das schwächelnde Gesundheitssystem aber kann nur genesen, wenn es Prioriäten setzt – und Glaubensmedizin zur Privatsache erklärt. COSIMA SCHMITT