Ein Zeichen gegen weitere Steuergeschenke

SPD-Politikerin Heide Simonis plädiert für höheren Spitzensteuersatz für Reiche. Parteikollegen halten sich zurück

BERLIN taz ■ Während die Union den neuesten SPD-Vorschlag zur Steuerpolitik kritisierte, blieb es bei den Sozialdemokraten gestern ziemlich ruhig. Schleswig-Holsteins Ministerpräsidentin Heide Simonis (SPD) erhielt keine Unterstützung aus den SPD-Ländern. „Das müssen wir uns erst mal genau ansehen“, hieß es etwa aus dem SPD-geleiteten Finanzministerium in Rheinland-Pfalz.

Aus dem ebenfalls SPD-geführten Finanzministerium Brandenburgs verlautete dazu, man dürfe das Schweigen nicht als Ablehnung interpretieren. Simonis habe auch im Hinblick auf den SPD-Parteitag am kommenden Wochenende ein „Zeichen“ gegen die Steuerpläne der Union setzen wollen. Ihre Ideen müssten deshalb nicht in jedem Punkt realitätstauglich sein.

Simonis beschreibt die Zielsetzung ihres Konzeptes für eine Steuerreform so: „Vereinfachung und soziale Gerechtigkeit“. Teilweise durch Intervention der Opposition hätten die bisherigen Steuerreformen der rot-grünen Bundesregierung „eine soziale Schieflage“ erhalten.

Die Ministerpräsidentin plädiert dafür, den Steuersatz für die höchsten Einkommen (42 Prozent ab 2005) keinesfalls weiter zu senken, wie es die Union fordert. Dies verschaffe den Wohlhabenden noch größere Vorteile, wobei sie durch die vergangenen Senkungen des Spitzensteuersatzes schon überproportional profitiert hätten. Ganz im Gegenteil: Simonis schlägt vor, eine neue Steuerstufe von 47 Prozent für große Einkommen ab jährlich 500.000 Euro einzuführen. Das ist eine publikumswirksame Kampfansage an die Konservativen und Wirtschaftsliberalen: Simonis droht, die bisherige Richtung der Regierungspolitik ins Gegenteil zu verkehren. Seit Jahren stehen die Zeichen auf Senkung der Einkommenssteuer, nicht auf Erhöhung.

Ökonom Stefan Bach vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) hält Simonis’ Forderung denn auch für ein „falsches Signal“. In Zeiten der Globalisierung und der zunehmenden internationalen Mobilität des Finanzkapitals ließen sich höhere Steuersätze für große Einkommen kaum durchsetzen, so Stefan Bach. Für problematisch hält er auch einen weiteren Punkt. Im Simonis-Konzept wird unterschieden zwischen nur noch zwei – gegenüber heute sieben – Arten der Einkommensbesteuerung: Steuern auf Arbeitseinkommen und übriges Einkommen, wozu auch Kapitalerträge gehören. Während Arbeitseinkommen mit maximal 47 Prozent belastet werden sollen, gilt für Kapitalerträge ein Satz von einheitlich 30 Prozent.

Der große Unterschied, so Ökonom Stefan Bach, könne dazu reizen, Arbeitseinkommen illegal zu Kapitalerträgen umzudefinieren und so Steuerhinterziehung zu betreiben.

HANNES KOCH

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