Internationaler als die Banane erlaubt

Auf den zwanzigsten Oberhausener Kurzfilmtagen gibt es so viele und so internationale Wettbewerbsstücke wie noch nie. Im Jubiläumsjahr will kein Filmemacher auf dem renommierten Festival fehlen

OBERHAUSEN taz ■ Oberhausen ist auch eine Kulturhauptstadt – die des Kurzfilms. Vom 29. April bis 4. Mai finden zum 50. Mal die Internationalen Kurzfilmtage statt. Im Kino Lichtburg wurde gestern das diesjährige Jubiläumsprogramm des weltweit ältesten Festivals für kurze Filme vorgestellt. Ein Merkmal ist seine Internationalität. „Die EU will uns schon nicht mehr fördern. Wir zeigen mehr internationale Filme, als in der EU-Bananenförderung erlaubt ist“, witzelt Festivalleiter Lars Henrik Gass. Nirgendwo sonst auf der Welt gibt es so viele Einreichungen wie zu dem Oberhausener Festival.

Mehr Filme bedeutet aber nicht gleichzeitig mehr Qualität. „Hier werden nur Filme gezeigt, die auch Fragen aufwerfen“, sagt Gass. Doch der Trend geht in eine andere Richtung. „Grundsätzlich ist die jetzige Generation von Filmemachern relativ unpolitisch. Gesellschaftliche Prozesse stoßen bei ihnen nur sehr speziell auf Interesse“, sagt Carsten Spicher, Leiter des Deutschen Wettbewerbs. Auffällig sei, dass bei den Dokumentationen alle bis auf eine im Ausland spielen.

Der Internationale Wettbewerb ist das umfangreiche Herzstück des Festivals. 68 Beiträge nehmen in diesem Jahr teil. Auch zwei deutsche Kurzfilme wurden in das Programm aufgenommen: „Mirror“ von Matthias Müller, Christoph Girardet und „On a Wednesday Night in Tokyo“ von Jan Verbeek. Die Bielefelder Oetkerhalle war Drehort für den Film „Mirror“. Zwei Digitalkameras wurden parallel gekoppelt. Aufblitzende fragmentarische Bilder lassen eine gespenstische Szenerie entstehen.

Auch im Deutschen Wettbewerb gab es einen neuen Rekord an Teilnehmern. „Für viele Filmemacher scheint es wichtig zu sein, in Oberhausen gezeigt zu werden“, sagt Spicher. Gerade im Jubiläumsjahr wolle jeder gerne dabei sein. 27 Produktionen konkurrieren im Deutschen Wettbewerb um die Preise. Eine neue Tendenz sei die starke Präsenz von Filmen aus NRW. Es gebe eine Reihe von Kurzfilmen, die im internationalen Vergleich mithielten und viel Potential besäßen. Gezeigt werden unter anderem „Allerleirauh“ von Anja Struck, Jan Verbeeks „On a Wednesday in Tokio“, „cola del pez, La“ von Mechthild Barth, „Living a Beautiful Life“ von Corinna Schnitt und „Nome Road System“ von Rainer Komers. Im diesjährigen Programm sind besonders Animations- und Dokumentarfilme stark vertreten. Die meisten Beiträge werden von den Filmemachern selbst produziert. Fördergelder erhält kaum jemand. „Von der Produktionsseite her geht es dem Kurzfilm aber gut. Die Leute wollen sich ausdrücken“, erklärt Spicher. Wo die Filme am Ende gespielt würden, das sei die Frage. „Oberhausen war immer ein Treffpunkt für Leute, die Filme aus existentiellen Gründen machten“, sagt Angela Haardt, die Kuratorin des Retrospektive-Programms. Das sei heute auch noch so.

STEFAN ORTMANN

Internationale Kurzfilmtage Oberhausen

29. April-4. Mai 2004

www.kurzfilmtage.de