Unerhörtes aus dem Beton

Der CDU-Senat übernimmt das Ruder – und der Paradigmenwechsel ist nirgends so drastisch wie in der Baubehörde. Die soll künftig „Gestaltungsbehörde“ werden und die Wachsende Stadt in die Wirklichkeit umsetzen

von PETER AHRENS

Es menschelt. Wenn sich Bausenatoren Tränen verdrücken, dann muss es um ihren Abschied aus dem Amte gehen. Mario Mettbach übergibt seine Schlüssel, seufzt ein „Leute, ihr werdet mir fehlen“ ins Mikro und beendet eine Ära. Ab sofort gibt es die Baubehörde nicht mehr, und die Zeit der hemdsärmeligen, polterigen Polit-Dinos an ihrer Spitze ist damit auch beendet. Mit dem neuen Mann in der Behördenleitung, Michael Freytag, entpuppt sich die Baubehörde als „Gestaltungsbehörde“. Der Koloss an der Stadthausbrücke ist die neue Schaltzentrale des Senats. Freytag soll von dort aus die Wachsende Stadt schaffen. „Wenn diese Behörde das nicht hinbekommt, wird es ein Slogan bleiben“, sagt der neue Chef bei der offiziellen Amtsübernahme vor den versammelten Mitarbeitern.

Ole von Beust hat neben Finanzsenator Wolfgang Peiner einen neuen starken Mann in sein Regierungsteam eingebaut, wie Peiner einer aus der Geldbranche, rhetorisch versiert, weitgehend kantenfrei – ein Paradigmenwechsel in der Baubehörde. Die künftig auch gar nicht mehr Baubehörde heißt. Das Etikett lautet ab sofort: Behörde für Stadtentwicklung um Umwelt. Und es ist bezeichnend, dass Mettbach als seinen letzten Wunsch äußert, man möge doch den Namensbestandteil „Bau“ noch im Titel der Behörde belassen. Und ebenso bezeichnend ist, dass Freytag darauf antwortet: Wenn man in der „ersten Liga der Weltstädte“ mitspielen will, müsse man eben Sachen ändern. Überhaupt: „Es wird sich einiges ändern.“

Der Neue spricht davon, dass man „auch Unerhörtes wagen“ müsse, „Leuchttürme setzen“. Die Frage müsse beantwortet werden, ob „wir attraktiven Politikstil oder Kleinstadtniveau haben wollen“. Den wackeren Mitarbeitern in der Behörde schlackern jetzt schon die Ohren. 16 Jahre Beton-Eugen Wagner und danach zwei Jahre Mario Mettbach – das war nicht die Zeit des Unerhörten. Das war die Epoche, die Mettbach in der Rückschau so zusammenfasst: „Der Informationsfluss in der Behörde ist manchmal zum Weinen.“ Er erinnert sich daran, dass er erst ein halbes Jahr nach Bekanntwerden in der Behörde davon informiert wurde, dass die Flughafen-S-Bahn zwei Jahre später fertiggestellt wird als bis dahin geplant: „So was kann einem politisch um die Ohren fliegen.“

So ähnlich wie die Geschichte mit Mettbachs Lebensgefährtin, die der damals frische Senator flugs zur eigenen Referentin beförderte und dies nach massiven Protesten wieder rückgängig machen musste: „Ich habe in der ganzen Zeit hier keinen einzigen Fall von Filz erlebt“, resümiert Mettbach, „nur einen – und der betraf mich selbst.“ Selbstironie kann sich wohl erst dann Bahn brechen, wenn man die Macht schon abgegeben hat.

Solche Fehler wie der mit der Lebensgefährtin würden Freytag nicht unterlaufen, zu abgebrüht, zu erfahren ist der Neue im Wechselspiel zwischen Politik und Medien. Die bisher eigenständige Umweltbehörde werde er in sein Ressort eingliedern, ihre Rolle „als letzter Waggon im Bremserhäuschen“ umändern, künftig werde man „vom Führerhaus aus agieren“. Die Umwelt werde gleichberechtigter Partner sein, hatte er zuvor schon bei der Amtsübergabe in der Umweltbehörde versichert. Geglaubt haben ihm das allerdings die wenigsten der Mitarbeiter.