Reisen bildert

Ab heute in der Städtischen Galerie: Astrid Nippoldt und Stefan Demming

Gar nicht so leicht: Sich ins Ungewisse begeben – die Thronfolge ablehnen, einen lukrativen Auftrag konterkarrieren. Dass sich Astrid Nippoldt und Stefan Demming auf genau dieses Terrain begeben, ist einerseits das einzig inhaltlich verbindende ihrer neueren Arbeiten, die ab heute in der Städtischen Galerie gezeigt werden. Andererseits legitimiert’s erneut den Förderpreis Bildende Kunst, den beide – er Anno 2000, sie ein Jahr später – erhalten haben. Denn es bedarf Mut, dem erfolgreichen Weg neue Richtungen zu verleihen – ihn dem Zufall auszusetzen.

Zugegeben: Leicht banal kommt das in Demmings „kleinem Bildertornado“ daher: Skulptur nennt er das Elaborat aus einem kleinen Berg beliebiger Fotos inmitten vier periodisch anspringender Gebläse. Diese verwirbeln den Haufen Erinnerungen wie Herbstlaub, witzig, suggestiv, aber das war’s auch schon. Präziser hingegen die Video-Installation „Halbe Wahrheit“, die das fotografische Fixieren einer Taufe als neues Ritual analysiert, das sich wie eine Propfung auf der religiösen Zeremonie entwickelt hat.

Radikaler und zugleich souveräner hat Nippoldt ein Scheitern kreativ gemacht: für eine mediale Großinszenierung im Gelsenkirchener Fußballstadion habe sie ein Stipendium erhalten, schildert sie die Entstehung ihres jüngsten Videos. Und bekennt, sich mit dieser „großspurigen Ankündigung ordentlich vergaloppiert“ zu haben. Eine folgerichtige Metapher: Statt in der Arena Auf Schalke entdeckt sie ihr Sujet auf dem Rückweg von nach Hause – per Zufall. Durch höhere Gewalt. Auf der Trabrennbahn.

„The Serendip Stadium“ hat Nippoldt diese Arbeit genannt: Michele Tramezzino hatte 1557 das philosophische Märchen von den drei Prinzen aus Serendip verfasst. Verbannt, weil sie das Erbe ihres Vaters zurückweisen, werden sie auf ihren Irrfahrten zu Entdeckern: „Serendipity“ bezeichnet das Prinzip der unverhofften Einsicht.

Merkwürdiger Zufall: der serendipity verdanken sich so ambivalente Entdeckungen wie Penicillin und Röntgten-Strahlen. Mehrdeutig auch die musikalisch dramatisierte Sequenz, die Nippoldt beim Pferderennen aufgefunden hat: Ewig kreisende Sulkys, dunkle Tierleiber, ein durchs Bild gleitender Security-Wagen, gehüllt ins Schnee-Sfumato, gemalt per Kamera: Plötzlich fällt ein, das auch der Tod ein Reiter ist, die Wirklichkeit bekommt Risse, und längst ist der Zweck des Sports vergessen – gab es ihn je? Er wird zum Anrennen gegen das große Weiß, das ihn fatal, unter tösendem Donner, begräbt. Furios. Bes

Eröffnung: heute 19 Uhr