unterm strich
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Beängstigend, was für einen Bedeutungszuwachs die Religion und ihre Verwalter in diesen Tagen erleben. Wohin man blickt, Kirchenfunktionäre jeder Couleur sind gefragte Gesprächspartner, dabei geht es eigentlich nur darum, wie man seinen Abend verbringen möchte: Hinein in Mel Gibsons „Die Passion Christi“ oder nicht? Zwei Stunden Jesus beim Sterben zugucken? Mit Paul Spiegel, dem Vorsitzenden des Zentralrats der Juden, Karl Lehmann, dem Vorsitzenden der deutschen Bischofskonferenz, und dem Bischof Wolfgang Huber haben sich drei Oberhirten zusammengetan, um eine gemeinsame Erklärung abzugeben und wieder einmal das Unvermeidliche zu tun: zu warnen. Vor all dem, wovor professionelle Warner immer gerne warnen. A.) Medien. „Wenn die ständigen Gewaltdarstellungen der Medien immer weiter überboten werden sollen, endet dies in einer fast unaufhaltsamen …“ B.) „ … Spirale der Gewalt“. C.) Vorurteile. „Die Darstellung (der Juden) des Films birgt die Gefahr, dass antisemitische Vorurteile wiederaufleben.“ D.) Missbrauch jeglicher Art. „Wir warnen gemeinsam nachdrücklich vor jeder Instrumentalisierung des Films und des Leidens Jesu im Sinne antisemitischer Propaganda.“ Medien, Vorurteile, Gewalt, Missbrauch. Die Gelegenheiten sind austauschbar, die Warnstruktur immer die gleiche. Nicht dass an dieser Stelle irgendetwas verharmlost werden sollte, davor sind wir ja auch schon oft gewarnt worden. Aber so widerwärtig christlicher Fundamentalismus ist: Die Horden von Fanatikern, die kreuzeschwingend den Juden übel nehmen, dass sie den Heiland umgebracht haben, dürften Pappkameraden sein. Geboren aus dem Bedürfnis, Medien, die Spirale der Gewalt, Vorurteile und Missbrauch wieder einmal öffentlichkeitswirksam zusammenzurühren.