WARUM EINE NEUE LINKE PARTEI LEIDER WENIG CHANCEN HAT
: Ein kleines Gespenst geht um in der SPD

Ein Hand voll linker SPDler und Gewerkschafter wollen vielleicht eine linke Partei gründen. Vielleicht wollen sie auch nur Franz Müntefering erschrecken und pädagogisch auf die neoliberale Schröder-SPD einwirken. Doch die SPD-Zentrale hat schon mal den Ausschluss angekündigt. Bleiben zwei Fragen: Ist die harte Reaktion der SPD richtig? Welche Chancen hätte eine linke Partei?

Jede Partei hat selbstredend das Recht, Mitglieder auszuschließen, die eine andere Partei unterstützen wollen. Das ist formal richtig – klug ist es derzeit nicht. Es ist eher eine autoritäre Geste, die die ratlose Schwäche der SPD-Spitze kaschiert. Denn die SPD hat genug Gründe, sich zu fürchten: Tausende Genossen haben ihr Parteibuch zurückgegeben, die Wahlaussichten sind katastrophal. Doch vor einer neuen linken Partei braucht die SPD wenig Angst zu haben.

Gewiss, mehr als zwei Drittel der Deutschen halten die Agenda 2010 und die Reformideen der Union für falsch und ungerecht. Wenn die komplette politische Elite geradewegs am Wahlvolk vorbei reformiert, ist das ein Alarmsignal für die Demokratie. Denn keine Demokratie ohne Repräsentation – schon deshalb wäre eine erfolgreiche linke Partei im Praxistest wünschenswert.

Doch dagegen spricht nicht nur der Mangel an bekannten Figuren, die organisatorische Schwäche oder dass all dies sowieso ein linker Traum ist, der regelmäßig alle 15 Jahre scheitert. Die Gründe liegen tiefer: Die SPD-Linke ist so schwach, nicht weil Schröder stark ist, sondern weil sie konzeptuell wenig zu Stande bringt. Ihre Antwort auf das Sozialdumping lautet: Es soll bleiben, wie es ist. Damit kann man schon in der SPD kaum Opposition machen – geschweige denn eine Partei etablieren.

Jede neue Partei braucht eine Idee, eine starke Distinktionsgeste. Bei den Grünen war dies lange der flotte Wahn, ganz anders als die Altparteien zu sein. Und heute? Die Linken wollen die Praxisgebühr abschaffen – das ist sympathisch, wird aber keine Identitäten stiften. Die ganze Debatte ist somit bislang ein sozialdemokratischer Familienkrach. Falls die SPD-Spitze weise genug sein sollte, den Vorschlaghammer wieder in den Schrank zu stellen, dürfte es dabei bleiben. STEFAN REINECKE