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: Politische Psychologie

Wird nun doch Hochzeit gefeiert? Teile der Berichterstattung im Vorfeld der Visite von US-Außenminister Colin Powell in Berlin legen diese Vermutung nahe. Fernsehzuschauer erfuhren, welche Speisen für den Gast vorrätig gehalten wurden (Hamburger) und wie groß seine Hotelsuite war (200 Quadratmeter). Solche Informationen gehören eigentlich in die Sparte der privaten Romantik. Wer derlei im öffentlichen Bereich für läppisch hält, hat Recht. Und unterschätzt zugleich den Stellenwert der politischen Psychologie.

Kommentar von BETTINA GAUS

Es ist aufschlussreich, wenn der Besuch des US-Außenministers in manchen Fernsehsendern behandelt wird, als gelte es, einen gekränkten Bewerber zu versöhnen. Das Recht des Stärkeren zeigt eben Wirkung. Seit dem Sieg der USA im Irak wird gern die Frage erörtert, ob sich die Bundesregierung jetzt nicht in Washington entschuldigen müsse. Ganz so, als sei das Hauptargument gegen den Krieg die Sorge gewesen, dass sich die Vereinigten Staaten als militärisch unterlegen erweisen könnten.

Für den Bundeskanzler ist das eine schwierige Situation. Ihm ist an einer Entspannung im Verhältnis zu den USA gelegen. Zugleich aber muss Gerhard Schröder – gerade vor der Kulisse seiner innenpolitischen Probleme – den Eindruck vermeiden, er beuge nachträglich doch das Knie vor der Weltmacht. Sonst verliert er den letzten Rest seiner Glaubwürdigkeit. Washington schenkt ihm da nichts. Die unnötig freundliche Aufnahme des CDU-Politikers Roland Koch in der US-Hauptstadt zeigt, dass die Regierung Bush einen Machtwechsel in Berlin begrüßen würde.

Beim Besuch von Powell in Berlin ist offenkundig nicht mehr herausgekommen als kürzlich beim Treffen von Verteidigungsminister Peter Struck mit seinem Amtskollegen Donald Rumsfeld. Also: nichts. Es steht zu hoffen, dass die Bundesregierung derlei Schwierigkeiten vorhergesehen hat, als sie sich zu ihrer Haltung im Irakkrieg entschloss. Die nächste Nagelprobe steht ihr nämlich noch bevor. Beim nächsten militärischen Konflikt.

Der Irak war nicht der letzte Staat auf der Liste der Weltmacht. Aber Schröder hat nun ein neues Problem: die persönlichen Ambitionen seines Stellvertreters. Wenn Joschka Fischer europäischer Außenminister werden will, dann ist er auf das Wohlwollen der USA angewiesen. Es wird interessant sein zu beobachten, wie der grüne Politiker in den nächsten Monaten das Verhältnis der USA zu Syrien, zum Iran oder zu Nordkorea kommentiert.