Bush trifft Koch

Der US-Präsident brüskiert Kanzler Gerhard Schröder: Er empfängt dessen Rivalen von der CDU im Weißen Haus – während Rot-Grün in Berlin Versöhnung mit US-Außenminister Colin Powell sucht

BERLIN taz ■ Mit einem diplomatischen Coup hat US-Präsident George Bush die rot-grüne Regierung provoziert. Wenige Stunden vor dem lange erwarteten Besuch von US-Außenminister Colin Powell bei Kanzler Gerhard Schröder in Berlin traf sich Bush in Washington mit dem CDU-Politiker Roland Koch, der als möglicher Herausforderer Schröders bei der nächsten Bundestagswahl gilt.

Der Präsident stieß unangekündigt zu einem Routinetermin Kochs bei Vizepräsident Cheney. So genannte drop-ins haben im Weißen Haus eine lange Tradition und sind in der Regel auf ihre politische Signalwirkung kalkuliert. Die Bundesregierung versuchte den Vorfall herunterzuspielen. „Sie wissen doch, wie das bei solchen Regierungsgebäuden ist“, sagte gestern Regierungssprecher Thomas Steg, „man geht mal durch die Flure, man schaut mal in ein Zimmer.“

Verstärkt wurde der Eindruck anhaltender Missstimmung zwischen Washington und Berlin allerdings durch das mit 30 Minuten auffallend kurze Gespräch Powells mit Schröder. Der Kanzler sicherte den USA ein Entgegenkommen Deutschlands bei einer Resolution der Vereinten Nationen (UN) für die Neuordnung des Irak zu. Der vorliegende Entwurf der USA sei eine „gute Grundlage“, sagte Außenminister Joschka Fischer, doch „für uns ist ein UN-Dach entscheidend“. Über eine Beteiligung der Nato sei nicht gesprochen worden. Schröder und Fischer unterstützten den Wunsch der USA, die UN-Sanktionen im Irak aufzuheben. Damit erhalten die Besatzungsmächte Zugriff auf die Öleinnahmen des Landes. Außerdem werde Berlin prüfen, ob in Afghanistan die internationale Schutzzone über Kabul hinaus ausgedehnt werden könne. Regierungssprecher Steg machte aber klar, dass davon nur zivile Kräfte betroffen seien, das Bundeswehrmandat werde nicht verändert. PATRIK SCHWARZ

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