Klima im Portfolio

Viele Firmen unterschätzen die Wirkung des Klimawandels. Private Anleger und institutionelle Investoren können sich damit Papiere ins Portfolio holen, die in absehbarer Zeit Verluste bringen

Kennen Sie die Risiken, denen Ihre Geldanlage durch den weltweiten Klimawandel ausgesetzt ist? Wissen Sie, ob sich Ihre Bank, Versicherung oder Ihr Fondsmanager mit einem Risikomanagement darauf vorbereitet?

Klimarisiken sind keine Bedrohung in einer fernen Zukunft, die Auswirkungen sind bereits spürbar. Die Folgen des Hurrikans Andrew haben einige amerikanische Versicherungskonzerne nicht überlebt, und der Börsenkurs des Bergbauunternehmens Xstrata fiel um knapp 10 Prozent, als Japan 2002 die Einführung einer CO2-Steuer ankündigte.

Negative Auswirkungen auf entsprechende Investitionsentscheidungen entstehen durch den unterschiedlichen Grad der Gefährdung, denen Unternehmen im globalen Klimawandel ausgesetzt sind. Diese Risiken können sich unmittelbar auswirken – etwa durch Stürme, Dürren, Hochwasser, steigenden Meeresspiegel – und die Wirtschaftskraft von Unternehmen direkt in Mitleidenschaft ziehen: Sachschäden, Störungen in der Infrastruktur, Liquiditätsengpässe, aber auch Probleme in der Zulieferkette können die Folgen sein, weil sich etwa das Fehlen kleinster Bauteile fatal auf Lieferverpflichtungen auswirkt.

Wesentlich weiter reichende und unterschätzte Risiken bergen hingegen die Versuche, regulativ auf den globalen Klimawandel einzuwirken. Zurzeit bereitet sich zum Beispiel die Industrie auf den Treibhausgas-Emissionshandel vor. Andere Herausforderungen werden mögliche höhere Abgaben für die Nutzung treibhausgasintensiver Energieträger sein. Weitere Risiken bestehen zudem durch Änderungen von (Versicherungs-)Vertragskonditionen aufgrund von Wetterereignissen oder plötzlich verändertem Verbraucherverhalten.

Eine Gruppe von 35 großen internationalen Investoren mit einer Marktkapitalisierung von 4,5 Billionen Dollar wollte nun im letzten Jahr, im Rahmen des Carbon-Disclosure-Projekts, wissen, wo derartige Klimarisiken in ihrem eigenen Portfolio versteckt sind. Deshalb wurden die weltweit 500 größten Unternehmen (FT 500) nach ihren Treibhausgasrisiken befragt. Die mittlerweile vorliegenden Antworten zeigen, wo sich Unternehmen auf Risiken vorbereiten, wo Chancen zum Beispiel durch den Emissionshandel früh erkannt werden oder wo Unternehmen blind oder sogar vorsätzlich zum Klimacrashkurs ansetzen.

Dabei liegen die Klimarisiken gar nicht so eindeutig in bestimmten Branchen. Zwar sieht die Erdölbranche zu Recht dem kommenden Emissionshandel mit gemischten Gefühlen entgegen. Denn nur wenige Unternehmen haben sich wirklich darauf vorbereitet. Aber innerhalb einzelner Branchen schwanken die Risiken bei den einzelnen Unternehmen beträchtlich. So variiert der CO2-Ausstoß pro produzierten Pkw bei den befragten Produzenten um den Faktor 35.

Die meisten institutionellen Investoren haben sich bisher nicht mit Klimarisiken für ihre Kapitalanlagen beschäftigt. Wie können Anleger nun damit umgehen? Erstens: Unternehmen, die den Fragebogen des Carbon-Disclosure-Projekts nicht beantwortet haben – in Deutschland zum Beispiel die Beiersdorf AG, die Metro-Gruppe, die Commerzbank –, sollte man mit einer gewissen Vorsicht begegnen. Entweder werden bewusst Risiken verschleiert, oder es fehlt das Know-how, sie zu bewerten. Beides sind keine vertrauenerweckenden Grundlagen für Investitionen. Zweitens: Da viele Unternehmen nicht unter die befragten FT 500 fallen, ist es von Interesse, ob diese in einer freiwilligen Aktion die entsprechenden Antworten auf ihre Internetseiten stellen. Außerdem sollten sich institutionelle Investoren freiwilligen Schritten anschließen, die von der großen britischen Pensionskasse USS initiiert und nunmehr von Germanwatch nach Deutschland gebracht worden sind, um Klimarisiken zu minimieren – bei Kapitalanlageentscheidungen und bei der Weiterentwicklung des eigenen Unternehmens.

Die Herausforderung liegt darin, jetzt für eine gute Startposition im kommenden CO2-Wettbewerb zu sorgen. Der Kohlenstoffwettbewerb der Unternehmen hat Konsequenzen für Share- und Stakeholder. Unternehmen, die diese Herausforderung nicht annehmen, werden von ihren Aktionären hart befragt werden müssen.

Gefahr droht den großen Treibhausgasemittenten aber auch aus einer anderen Richtung: Amerikanische Anwälte prüfen zum einen, inwieweit Klagen von Aktionären vorangebracht werden können, die sich im Rahmen der Prospekthaftung unzureichend über Klimarisiken informiert fühlen; zum anderen aber auch die Möglichkeit, wie die vom Klimawandel Betroffenen – die Mehrzahl davon lebt in Entwicklungsländern – auf Wiedergutmachung und auf Unterlassung klagen können. Ziel der entwicklungspolitischen Arbeit ist es, dass nicht nur der Ausstoß von Treibhausgasen sinkt, sondern dass die Verursacher des globalen Klimawandels in die Finanzierung von Vorsorge, Schadensbehebung und Risikoabsicherung eingebunden werden.

Einer, der hofft, in Zukunft besser über Klimarisiken bei Kapitalanlagen informiert zu werden, ist Tony Blair. Der britische Premierminister betonte bei der Veröffentlichung der Ergebnisse des Carbon-Projekts, dass es nicht die Aufgabe allein der Regierungen sein könne, den Ausstoß von Treibhausgasen zu reduzieren, sondern genauso von Unternehmen und Anlegern: „No industry can afford to ignore this issue.“ STEFAN ROSTOCK

Der Autor ist Referent für nachhaltiges Investment bei Germanwatch