Klarer Gebühren-Gegner

Hochschule für Angewandte Wissenschaften stellt neuen Präsidenten vor: Michael Stawicki lehnt Bezahlstudium ab und bricht Lanze für bedrohte Sozialwissenschaften

„Das ist ein richtiger 68er“, flüsterte eine Mitarbeiterin. Sie meint ihren Chef, Michael Stawicki – neuer Präsident der Hochschule für Angewandte Wissenschaften (HAW). Gestern stellte sich Stawicki in der Hochschule am Berliner Tor vor und dabei wurde eines klar: Ein Mann ganz nach dem Herzen von Wissenschaftssenator Jörg Dräger ist der 55-Jährige nicht. Anders als der Parteilose lehnt Stawicki Studiengebühren strikt ab. Auch den verfügten Studienplatzabbau sieht der bisherige Vize-Chef der Fachhochschule Wiesbaden skeptisch. „So stark, wie die Stadt unsere Sozialwissenschaften herunterzufahren, plant“, sagt Stawicki, „wollen wir das nicht.“

Mit der Kür des Mathematik-Professors könnte die schwelende Führungskrise an der HAW beendet werden. Der Präsidentenposten war seit 2002 vakant, nachdem Hans-Gerhard Husung das Handtuch geworfen hatte. Mit Spannung wurde jetzt erwartet, ob die Berufung des Neuen noch in letzter Minute scheitert. Denn erstmals wurde gemäß der geänderten Gesetzeslage ein Präsident nicht mehr durch ein Hochschulparlament, sondern vom neu installierten Hochschulrat gewählt. Und die Kür dieses zur Hälfte extern besetzten Gremiums hatte der HAW-Senat am Donnerstagabend zu bestätigen. Von den 19 Mitgliedern votierten immerhin sieben gegen Stawicki. Der gab sich gelassen: „Die Gegenstimmen waren dem Machtspiel mit dem Hochschulrat geschuldet.“

Der AStA der Hochschule freute sich gestern „auf gute Zusammenarbeit“. Lob fand die Absage des neuen Chefs an jegliche Form von Studiengebühren: „So wie Herr Dräger ein klarer Befürworter von Studiengebühren ist, bin ich davon ein klarer Gegner“, sagte Stawicki. Er bezweifle, so der Ex-Manager einer Software-Firma, dass Gebühren die „erhoffte Heilswirkung“ hätten und die Not der Unis beheben könnten. „Wenn sie aber kommen, muss es zur sozialen Abfederung ein Stipendiensystem geben.“

Im Dissens ist Stawicki mit Senator Dräger auch über dessen verfügten Studienplatzabbau um weitere 15 Prozent bis 2009. „Wenn man sich als Einzugsbereich versteht, dann scheint mir das nicht zu rechtfertigen“, so der Präsident. Eine Lanze brach der Naturwissenschaftler für die Sozialwissenschaften. Dort sollen die Studienanfängerplätze um 180 auf 270 schrumpfen. „Die Stadt ist nicht klug beraten, die Sozialpädagogik herunterzufahren, nur weil da keine Patente angemeldet werden.“

Als zunächst wichtigste Aufgaben nannte der auf sechs Jahre gewählte Chef die „Arbeit an einer neuen Organisationskultur und gemeinsamen Werten und Normen“, die Umstellung der Studiengänge auf das Bachelor-Master-System und die Ausgestaltung der neuen Fakultäten sowie Fundraising. Zugleich will Stawicki mit einem „Qualitätsmanagement-System“ der Lehre auf den Zahn fühlen. „Die Fachleute für die Lehrqualität sind die Studierenden“, erklärte er. „Deren Antworten sind gefragt.“

Nachdem der Präsident gefunden ist, geht jetzt die Suche nach einem Ersatz für Kanzler Frank Eisoldt los, der in die freie Wirtschaft wechselt. EVA WEIKERT