Bau bröckelt weiter vor sich hin

Gewerkschaften fordern verstärkten Kampf gegen die Schwarzarbeit und würden dafür auch einen gelockerten Datenschutz in Kauf nehmen. Die Hamburger Bauwirtschaft befindet sich mit einer Arbeitslosenquote von mehr als 33 Prozent in der schwersten Krise der Nachkriegszeit

Hamburgs Bauwirtschaft befindet sich in der größten Krise ihrer Nachkriegsgeschichte. „Wir haben eine Arbeitslosenquote von 33,1 Prozent“, beklagt IG Bau-Geschäftsführer Andreas Suß. Ein bedeutender Faktor dieser Misere sei die illegale Beschäftigung und Schwarzarbeit. „Auf dem Bau regiert inzwischen die organisierte Kriminalität“, schimpft Suß, „Schlepperbanden betreiben einen regen Menschenhandel, durch den legale Arbeitsplätze in seriösen Unternehmen verdrängt werden.“ In diesem Zusammenhang begrüßen die Gewerkschaft Bau, Agrar, Umwelt und die Gewerkschaft der Polizei (GdP) „im Grundsatz“ die Novelle des Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetzes der Bundesregierung „als Schritt in die richtige Richtung“. Suß: „Details und Lücken müssen aber konkretisiert und geschlossen werden.“

„20 bedeutende Baufirmen haben im vorigen Jahr der Marktsituation nicht mehr standhalten können“, beklagt Suß. So betrage das geschätzte Volumen der illegalen Beschäftigung auf dem Bau in der Stadt 11,2 Milliarden Euro, bundesweit sogar 370 Milliarden Euro – 1,1 Milliarden an Sozialabgaben und 480 Millionen Euro an Steuern gingen dem Fiskus flöten. Daher kritisiert Suß ebenso wie der Hamburger GdP-Chef Andre Bunkowsky, dass während der Anhörung der Gesetzentwurf immer mehr aufgeweicht worden sei. Die nunmehr korrigierte Fassung sei „ineffizient, weil gegen den Arbeitgeber als potenziellem Beschuldigten nicht ermittelt werden darf“, so Bunkowsky.

Aus Sicht von Suß ist es „inakzeptabel“, dass ein Auftraggeber nicht als Täter verfolgt werden kann. Dieser „kann bei Dumpingpreisen wissen, dass dies nur mit illegaler Beschäftigung möglich ist – er kennt die Preise“. Suß erinnert an den Skandal um den Bau des „Berliner Boden“ am Berliner Tor, wo eingesetzte Arbeitskräfte aus Bulgarien für 1,5 Euro pro Stunde 12 Stunden pro Tag gearbeitet hatten und in menschenunwürdigen Container untergebracht waren. „Das war ein offensichtlicher Fall.“

Auch dass die Trennung von privaten und geschäftlichen Arbeiten verwässert worden ist, ist den Gewerkschaftern ein Dorn im Auge. Nunmehr sei Voraussetzung für so genannte private Hilfsdienste nicht mehr, dass dafür überhaupt kassiert werde, sondern es müssten „nachhaltig“ Zahlungen erfolgen. Bunkowsky flapsig: „Wenn ich einmal eine Million bekomme, ist das nicht nachhaltig, sondern einmalig.“

Mit ihrer Forderung nach gelockertem Datenschutz stochern beide DGB-Gewerkschafter indes in einen sensiblen Bereich hinein. „Der Datenschutz ist zum Täterschutz geworden.“ Da es sehr schwierig sei, illegale Beschäftigung vor Ort nachzuweisen, möchten sie auch Befugnisse wie Telefonüberwachung. „Wenn die Illegalen plötzlich alle zu Verwandten werden, muss ermittelbar sein, ob es vorher inhaltliche Absprachen gab.“ Bunkowsky hält immerhin den Aufschrei der Datenschützer „aus ihrer Sicht“ für nachvollziehbar.

Für beide Gewerkschafter wäre ein schlagkräftigeres Schwarzarbeitsgesetz, das auch bessere Möglichkeiten zur Abschöpfung illegaler Gewinne bietet – zusammen mit der neuen Korruptionsdatei und dem neuen Vergabegesetz in Hamburg – ein so taugliches wie notwendiges Mittel, um der „Schwarzarbeiter-Mafia“ den überfälligen Kampf anzusagen. Dies, so Suß, „gerade in einer Metropole wie Hamburg, wo im Schmelztiegel Leute aus den neuen Bundesländern und Osteuropa eingesetzt werden“.

Kai von Appen