Windkraft als Horizontverschmutzung

Die Inseln Wangerooge und Borkum klagen gegen zwei Windparks vor ihren Küsten. Sie befürchten, dass Touristen vergrault werden, wenn der Blick verstellt ist und dass Öltanker an den Kraftwerken leck schlagen

Das Verwaltungsgericht Oldenburg verhandelt am heutigen Donnerstag eine Klage wegen zwei Windparks auf dem Meer. Die ostfriesischen Inseln Borkum und Wangerooge wehren sich dagegen, dass 13 und 14 Kilometer vor ihren Küsten Windkraftanlagen aufgestellt werden. Die Kommunen sorgen sich um den freien Blick auf die See und die Sicherheit des Schiffsverkehrs. Ein zugestellter Meerblick und leck schlagende Schiffstanks könnten dem Tourismus schaden und die Lebensgrundlage der Inselbewohner gefährden.

Nordwestlich von Borkum planen der Oldenburger Energiekonzern EWE und die ostfriesische Enova Unternehmensgruppe den Windpark Riffgat mit 44 Windrädern. 2011 wollen sie mit dem Bau beginnen. Nordöstlich von Wangerooge soll der Windpark Nordergründe mit 18 Anlagen entstehen. Das Bremer Energiekontor will dort schon in einem Jahr Strom erzeugen.

Weil die Windparks innerhalb der Zwölf-Seemeilen-Zone Deutschlands liegen würden, ist für die Pläne das Gewerbeaufsichtsamt Oldenburg zuständig. Es wies die Widersprüche der Gemeinden als unzulässig zurück: Diese seien nicht in ihren eigenen Rechten verletzt. Wegen der Entfernung der Windparks seien die Inseln allenfalls mittelbar beeinträchtigt. Die Inseln sehen das anders und haben das Gewerbeaufsichtsamt verklagt.

Die Windräder sollen in der gleichen Entfernung aufgestellt werden wie das Leuchtfeuer „Alte Weser“, das von der Insel aus gut zu sehen sei, sagt Holger Kohls, Bürgermeister der Stadt Wangerooge. An mindestens zwei von drei Tagen sei der 30 bis 35 Meter hohe Leuchtturm zu sehen, versichert Kohls. Die Windräder dagegen sollen 150 Meter hoch werden. Der Bürgermeister betrachtet sie als „Horizontverschmutzung“.

Viele Gäste der Insel sähen das genauso, sagt der Bürgermeister. Wangerooge habe mehr als 3.000 Unterschriften von Touristen gegen die Windparks beim niedersächsischen Umweltministerium eingereicht. Und eine Diplomarbeit habe ergeben, dass sich zwölf bis 16 Prozent der Gäste überlegen würden, ob sie wiederkommen. „Es ist damit zu rechnen, dass Gäste abwandern“, folgert Kohls.

Sorgen macht dem Bürgermeister auch die Nähe des Windparks Nordergründe zum Weserfahrwasser. „Wir fürchten, dass bei einem Maschinenschaden die Schiffe in den Windpark driften“, sagt er. Kollidierten sie mit den Windrädern, könnte das eine Ölkatastrophe auslösen.

Kohls findet, dass es sich nicht lohnt, ein solches Risiko einzugehen, weil Nordergründe als Erprobungswindpark geplant sei. Dabei hätten die Arbeiten an einem Pilotwindpark für Anlagen offshore, jenseits der Zwölf-Seemeilen-Zone schon begonnen. Dort sollen die meisten Parks gebaut werden. „Da fragt man sich, was das alles soll“, sagt Kohls.

Eine eigene Klage gegen Nordergründe hat der Umweltverband BUND angestrengt. Er moniert dass der Windpark in einem Areal geplant sei, das eigentlich als EU-Vogelschutzgebiet ausgewiesen werden müsste. Im existierenden Schutzgebiet würde er den Seetauchern schaden. GERNOT KNÖDLER