NICHT DIE UNO VERSAGT, SONDERN DIE MITGLIEDER DES SICHERHEITSRATS
: Unredliche Kritik

Angesichts der jüngsten Gewalteskalation zwischen AlbanerInnen und SerbInnen wird erneut pauschal „das Versagen der UNO“ beklagt und kritisiert. Der Eindruck entsteht, der UNO-Generalsekretär und sein New-Yorker Apparat oder das UNO-Personal vor Ort seien dafür verantwortlich, dass die Frage des völkerrechtlichen Status der südserbischen Provinz, die spätestens seit dem Nato-Krieg von 1999 unabweisbar auf der Tagesordnung steht, immer noch nicht gelöst ist. Eine derartige Pauschalkritik an der UNO ist unredlich, weil sie Interessenlagen verdeckt, statt sie aufzuklären. Zumal, wenn die Kritiker zugleich die Rolle der Nato oder auch der Europäischen Union und der OSZE positiv bewerten.

Denn das Verhalten sämtlicher im Kosovokonflikt involvierten internationalen Institutionen wird im Wesentlichen von denselben Staaten bestimmt: den vier ständigen Mitgliedern des UNO-Sicherheitsrats, USA, Großbritannien, Frankreich und Russland, sowie der zunehmend einflussreichen europäischen Mittelmacht Deutschland. Im UNO-Sicherheitsrat kommt als verantwortlicher Akteur noch das ständige Mitglied China hinzu. Diese sechs genannten Staaten waren und sind auch wesentlich verantwortlich für das Verhalten der UNO in allen anderen Konflikten, die seit Ende des Kalten Krieges die öffentliche Wahrnehmung von „Erfolg“ oder „Versagen“ der Weltorganisation geprägt haben. Die UNO war immer dann handlungsfähig und erfolgreich, wenn unter den sechs genannten Staaten die Schnittmenge gleichgerichteter Interessen groß genug war, etwa in Namibia, Kambodscha und Mazedonien.

Wenn diese Voraussetzung nicht vorlag, wenn die sechs trotz erheblicher Interessengegensätze eine UNO-Mission beschlossen oder sich die Interessen der sechs im Laufe einer UNO-Mission veränderten, immer dann war die UNO nicht handlungsfähig oder ist gescheitert. So in Ruanda, Somalia, Bosnien und im Irak.

Die UNO hat im Kosovo versagt. Die Kritik daran ist konkret an die sechs zu richten, verbunden mit der Forderung, die Frage des völkerrechtlichen Status des Kosovos endlich durch Beschluss im Sicherheitsrat zu entscheiden. ANDREAS ZUMACH