Fleißarbeit mit dem Rotstift

Der sportlich und finanziell gebeutelte Zweitligist Union Berlin bangt um seine Zukunft. In der Tabelle rangieren die Köpenicker nach dem 1:3 in Regensburg auf einem Abstiegsplatz. Und die Lizenz ist auch nicht sicher – trotz Sparetat

Kai Apelt hat an Zahlen, Testaten und Verträgen zusammengetragen, was man zum Leben im Profifußball braucht. Sieben dicke Ordner füllt die Fleißarbeit des Geschäftsführers des 1. FC Union Berlin, der den Lizenzantrag bei der Deutschen Fußball-Liga (DFL) in Frankfurt am Main ablieferte. Nun heißt es hoffen auf „grünes Licht“ für die Saison 2004/2005.

Apelts Prognose, was die wirtschaftliche Perspektive des Vereins angeht, klingt wenig euphorisch: „Mehr Geld als in dieser Saison haben wir bestimmt nicht zur Verfügung.“ Der Rotstift regiert auch in Köpenick: Um 300.000 Euro würde der ohnehin bescheidene Haushalt von aktuell 6,5 Millionen Euro in der nächsten Zweitliga-Saison sinken. Das nominelle Minus kaschiert die wahren Abstriche: Ab 2004/2005 will Union mit der überfälligen Darlehensrückzahlung an Hauptgläubiger Michael Kölmel beginnen, der rund 10 Millionen Euro fordert. Muss der FC Union um die DFL-Lizenz bangen?

In einem Vereins-Ranking der Auskunftdatei „Creditreform“ erhalten die Eisernen schlechte Noten. „Noten haben immer etwas Subjektives. Unsere Bankinstitute haben unsere Bonität als sehr gut eingestuft, sonst hätten sie uns nicht Überbrückungskredite gewährt“, wehrt sich Unions Marketingmanager Ralf Büttner.

Fast wie zum Trotz rechnet Präsident Jürgen Schlebrowski nicht mit existenziellen Problemen bei der Lizenzvergabe. „Ich bin da ganz entspannt“, sagt er, „die Lizenz zu bekommen dürfte leichter fallen, als sportlich den Klassenerhalt zu schaffen.“

Seit Monaten klebt der 1. FC Union in der Problemzone der Zweiten Liga fest. Angesichts des anstehenden Streichkonzerts dürfte es der Vereinsführung nicht leicht fallen, die Spieler im Klassenkampf anzuspornen. Denn den kurzbehosten Angestellten in Köpenick drohen als Erfolgsprämie finanzielle Einbußen. Um rund 15 Prozent will ihr Arbeitgeber die Personalkosten kappen. „Es wird ein völlig neues Gehalts- und Prämiensystem geben. Künftig wird nur noch ein Drittel der Einkommen Grundgehalt sein, der Rest wird leistungsbezogen gezahlt“, verkündet Schlebrowski.

Da zehn Spielerverträge am 30. Juni enden, wäre fast der halbe Kader von der „Agenda 0107“ betroffen. Anders als in den fetten Jahren vor der Kirch-Pleite fällt es den meisten Profis jedoch schwer, ihre Clubs mit Abwanderungsgedanken unter Druck zu setzen. „Viele Spieler werden sich noch wundern, wie es im Sommer auf dem Transfermarkt zugehen wird“, warnt Büttner vor Pokerrunden am Verhandlungstisch. Ersatz sei schneller zur Stelle als früher, glaubt auch Schlebrowski, der eine wachsende Reservearmee von professionellen Balltretern prophezeit: „Die meisten Vereine in der Bundesliga specken ihre Kader ab. Die Vereine in der Zweiten Liga profitieren davon.“

Falls Union dann überhaupt noch dem Bundesliga-Unterhaus angehört. Die gestrige Partie in Regensburg sollte als Fingerzeig dienen, wohin der Weg der Berliner in der Tabelle führt – sie ging mit 1:3 verloren. Die Köpenicker stehen weiter auf Tabellenpaltz 16. Doch auch für den Abstiegs-GAU fühlt sich Unions Chefetage gerüstet. „Wir gehen nicht davon aus, Schwierigkeiten zu haben, die Lizenz für die Regionalliga zu bekommen“, versichert Büttner. Mit dem Vollprofitum wäre es dann – in Anbetracht eines geplanten Etats in der Dritten Liga in Höhe von 1,8 Millionen Euro – allerdings vorbei in der Wuhlheide. Die Spieler müssten wieder arbeiten oder studieren gehen. JÜRGEN SCHULZ