Balsam für die Seele

Die SPD-Führung bietet – vielleicht – eine höhere Erbschaftsteuer an. Das klingt radikal, bringt aber weniger als die Vermögensteuer

BERLIN taz ■ Ein hilfreicher Gedanke ist der SPD-Führung da gekommen. Die Erhöhung der Erbschaftsteuer versteht die SPD-Linke als diskutables Kompromissangebot, belastet sie doch die Wohlhabenden. Die Idee hat allerdings zwei Schönheitsfehler. Erstens steht in den Sternen, ob die höhere Steuer jemals beschlossen wird – bis zum Parteitag im November kann viel passieren. Und zweitens bringt die Erbschaftsteuer nicht wirklich viel Geld.

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) kalkuliert bei einem durchschnittlichen Steuersatz von 10 Prozent mit höheren Einnahmen, die sich auf rund 6,6 Milliarden Euro belaufen würden. Zieht man davon die Steuer ab, die der Staat heute aufgrund der alten Regelung schon bekommt, bleiben Zusatzeinnahmen von gut 3 Milliarden Euro. Das ist zwar kein Pappenstiel, aber lange nicht so viel, wie das linke Lieblingsprojekt „Vermögensteuer“ bringen würde.

Die Reform der Erbschaftsteuer würde vor allem bei den Immobilien ansetzen. Dabei könnte in Zukunft der Verkehrswert von vererbten Häusern zur Basis der Besteuerung gemacht werden und nicht, wie heute, der Ertragswert. Der Verkehrswert liegt nach Zahlen der Bundesfinanzverwaltung bis zu 50 Prozent über dem Ertragswert.

Letzterer berechnet sich aus der 12,5-fachen durchschnittlichen Nettomiete eines Hauses während der vergangenen drei Jahre. Abgezogen wird ein Abschlag von höchstens 25 Prozent für ältere Gebäude. Diese „Daumengröße“, die auch Immobilienkäufer im wirklichen Leben benutzen, um den Wert eines Hauses schnell zu schätzen, liegt aber oft unter der Summe, die beim Kauf tatsächlich gezahlt wird. Besonders in den Ballungsräumen ist der tatsächliche Verkehrswert oft höher als der zuvor berechnete Ertragswert.

Weitere Zusatzeinnahmen aus der Erbschaftsteuer würden dann fließen, wenn die Steuersätze erhöht würden. Diese beginnen gegenwärtig bei 7 Prozent. In den USA, in Kanada, Frankreich und anderen Ländern liegt die reale Belastung heute höher als in Deutschland.

HANNES KOCH