Sechs-Tage-Schwarzgeld

Die Siegesprämie gab’s bar auf die Hand, die Quittungen waren gefälscht: Der Organisator der Bremer Six-Days schleuste so Millionen am Fiskus vorbei in die eigene Tasche

„Ohne diese Spielchen wäre das 6-Tage-Rennen unten durch gewesen“

taz ■ Steuerfahnder beim Sechs-Tage-Rennen? Diese „Katastrophe“ wollte Frank M. um jeden Preis vermeiden. Er gebe ja zu, dass er 897.000 Mark aus der Firmenkasse seiner Bremer Sport-Marketing GmbH schwarz als „verdeckte Gewinnausschüttungen“ in die eigene Tasche umgeleitet habe. Und dass er, vom Wirtschaftsressort bis 2004 mit der Organisation des Bremer 6-Tage-Rennens betraut, über Jahre hinweg mit gefälschten Quittungen und fehlerhaften Abrechnungen das Finanzamt um rund 1,5 Millionen Mark betrogen habe. Und dass er die jetzt nachzahlen wolle. Wenn bloß die Fahnder nicht mitten im Spektakel die Radler mit peinlichen Fragen nach Prämien und „Handgeldern“ belästigen würden.

Den Streit mit dem Finanzamt konnte M. auf diese Weise beilegen. Den mit den Justizbehörden nicht: Steuerhinterziehung in neun Fällen wirft die Staatsanwaltschaft M. und dessen Steuerberater Hans-Dieter S. vor, Höchststrafe: fünf Jahre Knast pro Fall. Die Anklage treffe im Wesentlichen zu, räumten beide gestern vor dem Landgericht ein.

Mit „Handgeld“ in zum Teil fünfstelliger Höhe lockte M. Mitte der 90er-Jahre Künstler und Radler nach Bremen. Auch die Siegesprämien gab es bar auf die Kralle. Mit einem Koffer voller Geldscheine, frisch von der Bank, tauchte M. dafür spät nachts in der Stadthalle auf. „Hätte man diese Spielchen nicht gemacht, dann wäre das 6-Tage-Rennen in Bremen unten durch gewesen“, sagt er heute.

Auf Durchschlagpapier ließ M. sich den Empfang der Prämien quittieren. Die Originale sind verschwunden, auf den Durchschlägen aber sind die Zahlen von Hand nach oben korrigiert. Steuerberater S. störte das nicht. Brav verbuchte er die höheren Summen als Betriebsausgaben, M. standen so rund 300.000 Mark Schwarzgeld pro Jahr zur Verfügung.

1991 hatte M. vergeblich versucht, die Bremer Six-Days in Moskau zu doublen. Übrig blieb ein Millionen-Verlust, M. musste einen Offenbarungseid leisten. Mit den „verdeckten Gewinnausschüttungen“, sagt ein Steuerfahnder, habe M. davon unbeeindruckt seinen Lebensstandard halten können.

Die Pleite von 1991 war auch der Grund, warum M. bei den Bremer Six-Days zwar de facto alle Fäden in der Hand hält, bis heute aber offiziell lediglich Mitarbeiter und Mitgesellschafter der Bremer Sportmarketing GmbH ist. Seine Mutter besitzt den Rest der Anteile, Geschäftsführerin ist – für 1.250 Euro im Monat – eine frühere Kollegin von M. Auch sie ist der Steuerhinterziehung in drei Fällen angeklagt. Ihr Anwalt beteuerte gestern, sie habe „nur auf Anweisung von M. gehandelt“.

Juristisch geht es vor allem um die Frage, ob sich das Gericht der zwischen M. und dem Finanzamt ausgehandelten Sichtweise anschließt. Demnach gelten die 897.000 Euro, die M. privat verprasst hat, als Darlehen seiner Firma. Die Steuerschuld – mit entscheidend für das Strafmaß – beträgt so nur 1,5 statt zwei Millionen Euro. „Eine Kuh, die Milch gibt, schlachtet man nicht“, begründet ein Steuerfahnder den Deal. Die Staatsanwältin protestiert: „Eine verdeckte Gewinnausschüttung kann nicht kompensiert werden.“ Armin Simon