Brücke zwischen Rapsfeldern

Bundesrechnungshof kritisiert unsolide Berechnungen für den Bau der Fehmarnbelt-Querung. Grüne Parlamentarier rügen veraltete Daten und mahnen Umweltverträglichkeitsprüfung an

Mindestens 5,6 Milliarden Euro soll die feste Querung über den 19 Kilometer breiten Fehmarnbelt zwischen den jetzigen Fährhäfen Puttgarden auf Fehmarn und Rødby auf Lolland kosten. Geplant ist eine zweistöckige Brücke mit einer vierspurigen Autobahn auf der oberen Plattform und zwei Bahngleisen auf der unteren. Hinzu kämen Investitionen von Bund und Bahn in Höhe von 840 Millionen Euro für den Ausbau der Straßen- und Schienenverbindungen zwischen Fehmarn und Lübeck (plus etwa 1,3 Milliarden Euro auf dänischer Seite). Ein Ersatz für die gut einen Kilometer lange und 43 Jahre alte Fehmarnsund-Brücke zwischen der Ostseeinsel und dem Festland ist in den Kosten nicht enthalten.  SMV

VON SVEN-MICHAEL VEIT

Die geplante Brücke über den Fehmarnbelt steht auf finanziell wackeligen Füßen, findet Rainder Steenblock: „Sämtliche Kalkulationen beruhen auf völlig veralteten Daten“, kritisierte der grüne Bundestagsabgeordnete aus Schleswig-Holstein am Freitag in Berlin. Am Mittwoch hatte das Bundeskabinett einen von Dänemark und Deutschland im September unterschriebenen Staatsvertrag gebilligt und offiziell dem Bundestag zugeleitet. Der muss sich nun im Januar mit dem, so Steenblock, „Jahrhundert-Irrsinns-Projekt“ befassen.

Er und der grüne Europaparlamentarier Michael Cramer mahnten „aktualisierte Rentabilitätsberechnungen“ für den Brückenschlag über die Ostsee an, der nach den bisherigen Planungen 2018 oder später fertig gestellt sein soll. Die derzeitigen Prognosen über das Verkehrsaufkommen von bis zu 9.000 Autos täglich seien überzogen.

Tatsächlich orientieren sich die Voraussagen an der Nutzung der Öresundbrücke zwischen der dänischen Hauptstadt Kopenhagen und der schwedischen Doppelstadt Malmö-Lund. Das jedoch ist eine Vorortverbindung in einem Ballungsraum von 2,5 Millionen Einwohnern; die Querung des Fehmarnbelts aber halten Skeptiker „für eine Brücke zwischen zwei Rapsfeldern“.

Nach dem am 3. September abgeschlossenen Staatsvertrag übernimmt Dänemark die Finanzierung des Baus und erhält dafür die Einnahmen aus der Maut. Deutschland muss lediglich geschätzte 840 Millionen Euro für den Ausbau der Verbindungen an Land aufbringen (siehe Kasten). Dabei werde es aber nicht bleiben, befürchtet Steenblock. Er beruft sich auf eine Studie des Haushaltsausschusses des Bundestages, nach der bei Großprojekten wie der Fehmarnbeltquerung Kostensteigerungen von „bis zu 100 Prozent“ nichts Ungewöhnliches seien.

Das ist auch dem Bundesrechnungshof ein Dorn im Auge. Der attestierte der Bundesregierung in einem Schreiben vom 30. Oktober, das erst jetzt bekannt geworden ist, keine eindeutigen Aussagen „zu den Belastungen für den Bundeshaushalt und die Bundesunternehmen“ zu treffen. Zurzeit stünden die genauen Kosten des Projektes nicht fest.

Zudem ist der finanzielle Zuschuss von der Europäischen Union keineswegs gesichert, mahnte EU-Parlamentarier Cramer. In den Berechnungen für die Fehmarnbelt-Brücke ist von „bis zu 30 Prozent“ die Rede. Dies ist jedoch die theoretische Höchstgrenze, in der Praxis schießt die EU selten mehr als fünf Prozent der Baukosten zu. Bei 5,6 Milliarden Euro für die Fehmarnbelt-Querung beträgt allein diese 25-prozentige Differenz 1,4 Milliarden Euro.

Cramer und Steenblock vermissen jedoch nicht nur die betriebswirtschaftliche Sinnhaftigkeit. „Auch die ökologischen Auswirkungen des Projektes sind in keinster Weise berücksichtigt worden“, monieren die beiden Grünen. Denn eine Umweltverträglichkeitsprüfung für das Projekt hat es noch nicht gegeben. Sie soll noch vorgenommen werden – aber erst, nachdem im Januar CDU, SPD und FDP im Bundestag dem Bauwerk zugestimmt haben werden.