Nachrichtensperre in der Wüste

Nach Falschmeldung über Befreiung der Entführten ist ihr Schicksal weiter ungeklärt

MADRID taz ■ „Es braut sich was zusammen“, hieß es in der gestrigen Ausgabe der algerischen Tageszeitung El Watan. Was genau, das konnte keiner sagen. Sowohl die Außenministerien in Berlin, Bern und Den Haag als auch das Verteidigungsministerium in Algier halten sich an die seit Monaten praktizierte Nachrichtensperre. Nachdem sich die Nachricht vom Montag von der Befreiung der letzten 15 Geiseln in der algerischen Sahara als falsch herausgestellt hatte, räumte die algerische Presse deshalb wieder Spekulationen weiten Raum ein.

Demnach sind die Verhandlungen mit den Entführern der zehn Deutschen, vier Schweizer und einem Holländer endgültig gescheitert. Die bei Illizi zusammengezogenen Spezialeinheiten der Armee würden das Ende einer Schlechtwetterperiode abwarten, um dann den Angriff auf das Versteck im unwegsamen Tamelrik-Gebirge zu wagen.

Über dieses Vorgehen soll es laut der Zeitung Le Quotidien d'Oran Meinungsverschiedenheiten zwischen Algier und Berlin gegeben haben. Die Bundesregierung bevorzuge weiterhin eine friedliche Lösung des Geiseldramas, während die algerische Armee davon nichts mehr wissen wolle.

Viele Journalisten fragten sich gestern, wie die Falschmeldung über die angebliche Geiselbefreiung zustande kommen konnte. Sowohl die deutsche Nachrichtenagentur dpa als auch der französische Radiosender Radio France Internationale beriefen sich dabei auf „Reiseführer und Journalisten vor Ort“ sowie auf „Militärkreise“. Auch darüber wurde gestern viel spekuliert. Einige Beobachter befürchteten gar, die Befreiungsaktion könnte tatsächlich stattgefunden haben, sei aber gescheitert. Was dies für die Geiseln bedeuten könnte, das möchte sich niemand ausmalen.

REINER WANDLER