Dr. Specht hat Schlüsseldienst

Die Sparpolitik der Stadt bringt Kölner Schulen in Bedrängnis. Bislang kümmerten sich Hallenwarte um Sicherheit und Funktionstüchtigkeit in Schul-Sporthallen. Nun müssen das Lehrer übernehmen

Von Jessica Düster

Verlassen liegt die Pförtnerloge da, die Scheibe zu der riesigen Dreifachsporthalle ist blind geworden, der Überwachungsmonitor abgeschaltet. „Seitdem die drei Hallenwarte weg sind, findet der Sportunterricht hier unter erschwerten Bedingungen statt“, sagt Beatrix Görtner, Schulleiterin des Georg-Büchner-Gymnasiums in Köln-Weiden.

Lehrer im Dilemma

Seit November 2003 gibt es keine Mitarbeiter mehr, die den weitläufigen Sporthallenkomplex warten und beaufsichtigen, zumal neben der 1.200 Quadratmeter großen Mehrzweckhalle noch vier Sporthallen à 400 qm, ein Gymnastik- und ein Kraftraum sowie 14 Umkleiden, 25 WCs und Waschräume gehören. Die Räume sind täglich von 8 bis 22 Uhr ausgelastet; nach den 850 Gymnasiasten und 400 Hauptschülern des Schulzentrums kommen ab spätnachmittags die Sportvereine.

Der Hallenkomplex ist so unübersichtlich, dass im Frühjahr letzten Jahres trotz Hallenwarten ein Videoüberwachungssystem installiert wurde. „Der Bedarf wurde seitens der Stadt offenbar erkannt“, meint Görtner. Nun sei jedoch niemand mehr da, der über die Videoanlage beobachten könnte, was in dem Labyrinth aus Gängen und Räumen vor sich geht. Da das Sportzentrum zudem auf einem nicht eingefriedeten Gelände liegt, macht sich die Schulleiterin Sorgen um die Sicherheit der Schüler.

Die Sportlehrer müssen sich nun vor den Stunden darum kümmern, Schlüssel zu beschaffen, müssen die Schüler einschließen, wenn alle in der Halle sind und hinterher auf den Letzten warten, damit wieder alles verschlossen werden kann. Sportlehrer Gerd Stengert beschreibt die Folgen: „Schüler, die zu spät kommen, stehen vor verschlossener Tür und können nicht am Sportunterricht teilnehmen, wir Lehrer kommen zu spät zu nachfolgenden Unterrichtsstunden und müssen an das Verschließen sämtlicher Nebeneingänge denken.“

Auch um provisorische „Reparaturen“ von defekten Türen, Schlössern und Basketballkörben müssen sich die Lehrer nun selbst kümmern – notfalls mit Klebeband. Schulleiterin Görtner: „Es ist jetzt schon mehrfach vorgekommen, dass Wartungsfirmen unverrichteter Dinge wieder abgefahren sind, weil alles verschlossen war und sie keinen antrafen.“ Heilfroh sind alle Lehrer, dass in der hallenwartlosen Zeit noch kein Sportunfall passiert ist. „Je nachdem kann ich die Schüler zwar nicht alleine lassen, muss aber zugleich Hilfe holen“, erklärt Sportlehrer Stengert das Dilemma.

Auch Marlis Meier, Mutter einer Siebtklässlerin und Mitglied der Elternpflegschaft, ist „froh, dass noch nichts Schlimmeres passiert ist“. Ansonsten seien eigentlich schon alle Befürchtungen eingetreten, die die Elternschaft des Gymnasiums im Oktober 2003 in einem Brief an die Stadt Köln, verschiedene Ausschüsse und alle Fraktionen formuliert hatte, nachdem der Rat den Abzug von 30 Hallenwarten in Kölner Schulen beschlossen hatte. „Gemeldet hat sich erst mal keiner“, ärgert sich Meier. Vom Oberbürgermeisteramt sei lediglich ein „lapidares Schreiben“ gekommen.

CDU: Köln muss sparen

CDU-Ratsmitglied Jürgen Hollstein, zuständig für Schule und Weiterbildung, begründet den Abzug der Hallenwarte mit der Haushaltskonsolidierung der Stadt Köln. „Die Hallenwarte werden sukzessive auf andere, frei werdende Stellen innerhalb der Stadt vermittelt“, erklärt Hollstein den vermeintlichen Spareffekt. Der Abzug der Hallenwarte sei „sicher nicht unproblematisch“. In anderen Kommunen sei es jedoch „längst Usus“, dass Schulen sich selbst um ihre Sporthallen kümmern, meint der CDU-Politiker. „Der Vergleich hinkt“, hält Schulleiterin Görtner in Weiden entgegen. „Es gibt in Kölner Schulen keine vergleichbare Hallensituation.“

Ob das Schulzentrum Weiden aufgrund der besonderen Lage und Größe seiner Sporthallen weiter ohne Hallenwarte auskommen muss, soll nun vom Kölner Beschwerdeausschuss geklärt werden. Im Februar hatte Marlis Meier dort im Namen der Elternschaft Beschwerde gegen den Ratsbeschluss eingelegt. „Die Entscheidung ist vertagt worden“, erläutert Christtraud Kirchmeyer (FDP), Vorsitzende des Beschwerdeausschusses. Der „Fall Weiden“ sei jedoch ein Tagungsordnungspunkt für die nächste Sitzung am 29. März.