Der große Wahrheit-Gedicht-Wettbewerb

Was macht eigentlich der Sarotti-Mohr? Fragten wir uns kürzlich, als eine ältere Schauspielerin in einer Talkshow auf die Frage, was sie sich denn für ihr Leben noch wünschen würde, antwortete: einen Sarotti-Mohren. Nach langer Suche entdeckten wir den netten kleinen Mann auf einer Tafel Halbbitter-Schokolade. Mit Flügelschuhen und einem Turban ausgestattet, trägt er ein Paar Rosen durchs Bild. Auf der Rückseite der Tafel fordert die Firma Sarotti ihre Kunden auf, ein kleines Gedicht an den Sarotti-Mohr zu schicken. Warum nicht gleich einen eigenständigen Wettbewerb ins Leben rufen, dachten wir, und schon war es geschehen: In loser Folge soll hier in den nächsten Wochen der Sarotti-Mohr besungen werden. Ganz herzlich sind die Leser aufgefordert, sich mit den Dichtern der Wahrheit zu messen und Mohren-Lyrik zu liefern. Den Anfang macht heute Gabriele Haefs mit ihrem Gedicht:

Die Leiden des Mohren

Am Montag, wenn die Sonne scheint, dann sitzt der Mohr daheim und weint. Am Dienstag, wenn es blitzt und kracht, dann klagt der Mohr die ganze Nacht. Am Mittwoch ist der Himmel trüb – der Mohr ruft: Niemand hat mich lieb! Am Donnerstag, wenn’s stürmt und schneit ist guter Rat noch meilenweit. Am Freitag wütet ein Orkan, der Mohr jetzt nur noch schluchzen kann. Am Samstag schlägt das Wetter um, der Mohr, der greift zum Valium. Der Sonntag ist der Tag der HErrn – der Mohr brüllt: Niemand hat mich gern! Doch Gott schickt gütig Mann und Maus und Weib und Kind zum Mohrenhaus. Sie rufen laut und froh im Chor: Wir preisen dich, Sarotti-Mohr! Das Leben ist ein Jammertal und ohne Schokolade schal. Doch Vollmilch-Nuss und Marzipan, schenkst du uns, edler Mohrenmann. Zartbitter, Rum und Mandelsplitter verdanken wir dir, edlem Ritter. Schwarz bist du wie ein Schornsteinfeger, du göttlicher Sarottineger. Schwarz sind auch deine Himmelsgaben, an denen wir uns gerne laben! Und deshalb sagt es aller Welt: Der Mohr, ER ist der wahre Held!

GABRIELE HAEFS