Die IT-Branche übt sich in Bescheidenheit

Abschluss der Cebit: Weniger Besucher, aber bessere Stimmung. Markt für IT-Produkte soll um 2,5 Prozent wachsen

HANNOVER taz ■ Der Besucherschwund auf der Cebit hat sich mit einem Verlust von 50.000 weiteren Gästen auch im diesem Jahr fortgesetzt. Dennoch zeigte sich die deutsche Informations- und Telekommunikationsbranche gestern zum Abschluss der immer weltgrößten Computermesse „sehr zufrieden“. Die Cebit sei weiter das Stimmungsbarometer der Branche und dieses zeige „deutlich nach oben“, sagte der Präsident des Branchenverbandes Bitkom, Willi Berchtold. In den vergangenen Jahren habe man stets mit steigenden Arbeitslosenzahlen und sinkenden Umsätzen zu tun gehabt, inzwischen sehe „vieles deutlich besser aus“.

Nach dem Ende des IT-Booms und der mehrjährigen Krise ist die IT-Branche deutlich bescheidener geworden und fühlt sich inzwischen auch auf einer kleineren und unspektakulären Cebit wohl. Die deutsche Messe AG hatte die Computermesse in diesem Jahr von vornherein um einen Tag verkürzt und auf weniger Messehallen konzentriert und sich so vornherein auf ein geringeres Besucherinteresse eingestellt. In den sieben verbleibenden Tagen fanden dann 510.000 Besucher den Weg auf das hannoversche Messegelände. Das waren 340.000 weniger als im Rekordjahr 2001, hinter dem auch die Ausstellerzahl mit 6.411 um etwa 1.700 zurückblieb.

Dennoch konnten Messe AG und Bitkom gestern verkünden, der Zuspruch habe über der erwarteten Zahl von 500.000 Besuchern gelegen. Der Branchenverband sah durch den Cebit-Verlauf auch seine Prognose bestätigt, nach der der Markt – nicht die Produktion – für IT-Produkte 2004 in Deutschland um 2,5 Prozent wachsen wird. Die oft zweistelligen Wachstumsraten der 90er-Jahre werden dadurch zwar nicht wieder erreicht. Aber immerhin soll der Arbeitsplatzabbau in der deutschen IT-Branche dadurch zum Stillstand kommen. Dort waren in den vergangenen zwei Jahren 70.000 von insgesamt 820.000 Jobs gestrichen worden. In diesem Jahr soll die Zahl der Beschäftigten nur um weitere 8.000 schrumpfen. Von den Ausstellern erhielt die Cebit 2004 die Note „zwei plus“, im vergangenen Jahr hatte die Bewertung noch zwischen drei und vier gelegen.

Offenbar hat die Branche gelernt, auch von kleineren Brötchen zu leben. Auf der diesjährigen Cebit wurden Mittelstand und Handel gezielt umworben. Um die Messe nicht noch weiter schrumpfen zu lassen, wurde erstmals wieder „Consumer Elektronik“ präsentiert, fanden die Ballerspiele von Sony und Playstation den Weg zurück nach Hannover. In einst besseren Zeiten hatte die Messe AG die Anhänger der Ballerspiele noch in eine eigenständige „Cebit Home“ ausgegliedert, die dann nach einigen Jahren einging. Abstriche beim Niveau hat auch manches Telekommunikationsunternehmen machen müssen. Weil Einführung des UMTS-Standards allein kaum zusätzlichen Umsatz bringt, versucht etwa der drittgrößte deutsche Mobilfunkanbieter Debitel auch mit dem Versand von Erotikbildchen aufs Handy-Display Kunden zu ködern. JÜRGEN VOGES