Protest gegen gläserne Flugdaten

Die USA machen Druck auf die EU, ihre Datenschutzregelungen zu lockern

BRÜSSEL taz ■ Dienstagnachmittag bekamen Flugreisende auf dem Weg in die USA am Brüsseler Flughafen Zaventem folgende Information in die Hand gedrückt: „Wussten Sie, dass Zollbehörde und Grenzschutz der Vereinigten Staaten direkten Zugriff auf personenbezogene Daten aus den Passagierdossiers der Luftfahrtgesellschaften haben?“ Abgeordnete der Grünen und des linken Bündnisses im Europaparlament verteilten die Flugblätter mit angehängtem Briefvordruck an die Adresse des belgischen Datenschutzbeauftragten. Er wird aufgefordert, zu überprüfen, ob die Übermittlung von Details wie der Kreditkartennummer oder bestimmter Essgewohnheiten wie „koscher“ oder „vegetarisch“ von der Europäischen Datenschutzrrichtlinie gedeckt ist.

Bereits im Februar hatten sich die Fluggesellschaften mit einem Hilferuf an das Europäische Parlament und die EU-Kommission gewandt. Die US-Behörden hatten ihnen zunächst den 5. Februar, dann den 5. März als Ultimatum genannt, bis zu dem alle Daten verfügbar sein müssen. Um diplomatische Verwicklungen mit den USA zu vermeiden, beschloss die Kommission darauf hin, eine Ausnahme von den in der EU geltenden Datenschutzbestimmungen zu genehmigen.

Im März versicherten die zuständigen Kommissare dem Europäischen Parlament, an einer Vereinbarung, die beide Seiten zufrieden stelle, werde gearbeitet. „Derzeit gibt es für das amerikanische Vorgehen (Fluggesellschaften, die keine Daten liefern, mit Strafen zu belegen oder ihnen die Landerechte zu entziehen) keine rechtliche Grundlage“, räumte der für Binnenmarktfragen zuständige Kommissar Frits Bolkestein vor dem Innenausschuss ein. Beide Seiten seien aber bemüht, so bald wie möglich eine rechtlich wasserdichte Lösung zu finden. „Die Kommission hat uns versprochen, bis zum Herbst eine Regelung auszuhandeln, die mit unseren Datenschutzbestimmungen in Einklang steht“, erklärt der konservative Europaabgeordnete Ingo Schmitt, der das Thema im Innenausschuss betreut.

Seit die USA dem Terrorismus den Krieg erklärt haben, üben sie in Druck auf die EU aus, den Datenschutz zu lockern. Bürgerrechtsgruppen wie Statewatch warnen, dass weder der Datenaustausch zwischen Europol und dem FBI noch das geplante Abschiebeabkommen öffentlicher Kontrolle unterliegt. Deshalb sollen Flugblattaktionen wie am Dienstag den Druck auf Fluggesellschaften und Politiker erhöhen. Wenn aufgebrachte Passagiere ihre Fluggesellschaft schriftlich fragen, welche Daten wohin übermittelt wurden, und wenn gleichzeitig die nationalen Datenschutzbeauftragten sich einer Flut von Anfragen gegenübersehen, kann das Thema nicht in der Versenkung verschwinden. Unter www.edri.org können bei „European Digital Rights“ Unterlagen für die Kampagne heruntergeladen werden.

DANIELA WEINGÄRTNER