sarah bsc
: Voll daneben

Ein mit mir bekanntes Ehepaar hat einen fast erwachsenen Sohn. Dieser Sohn, so entschied die Mutter Ende November, ist zwar bald 18 Jahre alt, soll aber trotzdem einen Adventskalender bekommen. Der Vater grummelte. Ich finde die Entscheidung der Mutter richtig, solange Kinder noch mit ihren Eltern zusammenleben und Weihnachten feiern, sollen sie auch jeden Tag ihr Kalendertürchen aufmachen dürfen. Zumindest wenn sie noch unter, sagen wir, 23 sind.

Also warfen die guten Eltern sich zuerst in Schale und danach ins Einkaufsparadiesgetümmel. Der Vater durfte entscheiden, welcher Kalender es sein sollte. Lange standen sie vor dem großen Angebot. Die mit Parfüm gefüllten Kalender wurden erwogen, da der Sohn, seinem Alter gemäß, oft ein wenig riecht. Lange wurde auch über ein Modell mit erotischen Motiven diskutiert. Schließlich aber entschied er sich für den Hertha-BSC-Kalender. Der Sohn ist treuer Fan und oft im Olympiastadion.

Zwar sah der Kalender sehr kindisch aus – aber was soll’s, das ganze Weihnachtsfest ist ja auch kindlich. Der Große freute sich über den Kalender, wurde in dieser Freude wieder ein kleiner Junge, und darüber wiederum freuten sich die alten Eltern. Doch bereits nach dem dritten geöffneten Türchen breitete sich große Enttäuschung im Hause aus. Hinter jedem Türchen fand sich nämlich dasselbe Motiv: ein ziemlich blöder Fußball. Auch die Schokolade schmeckte nicht. Man versuchte bis zum Nikolaustag zu warten, möglicherweise findet Herta nur wichtige Daten würdig für ein anderes Motiv. Doch auch da – derselbe doofe Fußball. Der Sohn tat, was getan werden musste: Er plünderte den gesamten Kalender und stopfte die Schokolade in die Backentaschen. Die Eltern stritten, ob die erotischen Kalender nicht doch besser gewesen wären.

Hertha hat eine große Chance vorüberziehen lassen. Es hätte so vieles gegeben, was den Kalender abwechslungsreicher gestaltet hätte: ein Turnschuh, ein Trikot, einen Zuckerhut (stellvertretend für all die brasilianischen Spieler), einen Schokoherthinio, eine Trillerpfeife. Und hinter dem 24. Türchen hätte sich doch das Gesicht des zukünftigen Hertha-Managers verstecken können. Das wäre ein echter Knaller gewesen. Aber so – nur ein blöder Fußball. Und wer nach 2010 Präsident wird, weiß wohl nur der Weihnachtsmann. SARAH SCHMIDT