Polizei lauscht erst mal weiter

Innensenator Körting (SPD) sieht die teilweise Verfassungswidrigkeit des großen Lauschangriffs gelassen: Eine Neuregelung der Abhörpraxis sei vorerst unnötig

Für den Berliner Verfassungsschutz ist das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, wonach der „große Lauschangriff“ teilweise verfassungswidrig ist, „kein herber Rückschlag“. Das sagte Innensenator Ehrhart Körting (SPD) gestern im Verfassungsschutzausschuss des Abgeordnetenhauses. Ohnehin sei der Einsatz dieses Mittels durch die Berliner Schlapphüte ein „extremer Ausnahmefall“. Genaue Zahlen nannte der Senator nicht.

Auf das Konto der Polizei gehen laut Körting seit 1998 sieben Lauschangriffe. In vier Fällen sei es um die Aufklärung von Morden gegangen, zweimal um Drogenermittlungen. Nur einmal habe man präventiv gelauscht. Der Grund: ein mutmaßlicher Sprengstoffanschlag. Körting sieht daher keinen akuten Neuregelungsbedarf und will die bis Mitte 2005 vorzunehmenden Gesetzesänderungen des Bundes abwarten. Die Sicherheitsbehörden seien jedoch angewiesen, die strengen Vorgaben aus Karlsruhe schon zu berücksichtigen.

Auch eine Neuordnung der Verfassungsschutz-Strukturen, wie sie seit den Anschlägen in Madrid insbesondere von der CDU gefordert wird, lehnt Körting ab. Schließlich, so der Senator, fielen Erkenntnisse meist dezentral an. Für notwendig hält er allerdings, alle anfallenden Informationen im Terrorismusbereich „unverzüglich, ungefiltert und ungekürzt“ an das Bundesamt für Verfassungsschutz in Köln weiterzuleiten. Dort sollten die Auswertung und die „operative Steuerung“ der weiteren Beobachtung zentral erfolgen. Ähnliches gibt es bisher nur bei der Spionageabwehr. Unterstützt wurde Körtings Vorschlag von allen Fraktionen. Lediglich der CDU-Abgeordnete Peter Trapp schlug darüber hinaus die Zusammenlegung des Berliner Verfassungsschutzes mit dem Brandenburger vor. OTTO DIEDERICHS