„antwort auf a. & b. pease“
: Weibliches Einparken

Eine Revanche ist eigentlich längst fällig. Oder sollte in der Frage, warum Männer nicht zuhören und Frauen schlecht einparken, tatsächlich das letzte Wort bereits gesprochen sein? Fest steht, dass die australischen Kommunikationstrainer Allan und Barbara Pease mit ihren millionenfach verkauften „natürlichen Erklärungen für eigentlich unerklärliche Schwächen“ höchst unterhaltsame Arbeit geleistet haben. Pünktlich zum Niedergang der Psychoanalyse wie zum Comeback der Biologie vertritt das Autorenpaar die nicht eben taufrische These, dass sämtliche Geschlechterdifferenzen in den verflixt langsam mahlenden Mühlen der Evolution verankert sind.

Kurz: Der Peaseseller ist eine Ohrfeige für Gendertheoretiker und differenzierungsfreudige Kulturalistinnen, bietet sich mit seinen heiteren Binsenweisheiten und semiwissenschaftlichen Verkürzungen aber geradezu aufreizend als Elfmeter an. Ihn zu verwandeln, sind jetzt die Psychologin Claudia Quaiser-Pohl und die Neurobiologin Kirsten Jordan angetreten. Beide unterrichten an der Uni Magdeburg und bilden als sozial- und naturwissenschaftlich gemischtes Doppel im Grunde das perfekte Team für den Anti-Pease. Ihre „Antwort auf A. & B. Pease“ hebt man in heller Vorfreude zu lesen an. Werden die Damen den Megaseller in sadistischer Gründlichkeit auseinander nehmen?

Bereits der erste Satz verheißt nichts Gutes. „Wenn Sie, lieber Leser, oder Sie, liebe Leserin, dieses Buch in Ihrer Buchhandlung in den Händen halten, werden Sie vielleicht denken: Warum gibt es schon wieder ein Buch zum ‚kleinen Unterschied?‘“ Schon befindet man sich mitten im Sound der Betulichkeit – und im verzweifelten Klammergriff der Autorinnen. Er soll auch im Folgenden darüber hinwegtäuschen, dass Jordan und Quaiser-Pohl hilflos in ihrer von jeder Lust am Schreiben befreiten Protokollprosa schwimmen. Die ist zwar von schwieriger Fachterminologie bereinigt, folgt dafür aber beamtengründlich einer Gliederung, die sich immer wieder in Sackgassen und Wiederholungen verheddert. Für die Strapazen der positivistischen Langeweile entschädigen nur die grandios verumständlichten Beispiele aus der Beziehungswirklichkeit, in der Sabines und Andrease wie bei Enid Blyton „mit Schweißperlen auf der Stirn“ fragen: „Ach du Schreck, wo geht es denn nun lang?“

Dabei konzentriert sich der Band ausschließlich auf die Frage, ob Frauen tatsächlich weniger gut räumlich denken können als Männer. Dazu referieren Jordan und Quaiser-Pohl eine endlose Serie vergleichender Untersuchungen: mit Stadtplänen, Computerspielen und zu verschiedenen Zyklustagen. Zuweilen erreicht der bierernste Eifer kuriose Ausmaße, etwa wenn eigens ein Experiment in fensterlosen Räumen angestrengt wird, um den problemlos als Schwachsinn zu klassifizierenden Pease-Satz zu widerlegen: „Die meisten Männer wissen immer und überall, wo Norden ist, auch wenn sie keine Ahnung haben, wo sie sich befinden.“

Doch wie sehr Quaiser-Pohl und Jordan ihre ProbandInnen auch „mental rotieren“ lassen, am Ende gelangen sie immer wieder zum mantraförmig wiederholten Ergebnis, dass „nicht alle Frauen ‚räumlich beschränkt quasselnde Sammlerinnen‘ und nicht alle Männer ‚schwerhörige, sehschwache, sich aber hervorragend orientierende Jäger‘ sind“. Mehrheitlich gesehen, müssen sie zugeben, aber leider schon. Auf die bahnbrechende Erklärung dafür wäre man von allein nie gekommen: Frauen haben weniger Übung und trauen sich einfach weniger zu als Männer. So gelingt es mit diesem hinreißenden Dokument deutscher, weiblicher und wissenschaftlicher Kleinkariertheit den Magdeburgerinnen, den Elfmeter im eigenen Tor zu versenken. Eine gute Nachricht gibt es aber doch: Der Anti-Pease, liebe Autorinnen und Autoren, kann noch geschrieben werden! EVA BEHRENDT

Kirsten Jordan, Claudia Quaiser-Pohl: „Warum Frauen glauben, sie könnten nicht einparken – und Männer ihnen Recht geben“. Beck Verlag, München 2004, 192 Seiten, 14,90 Euro