„Was wir machen, ist beispielhaft“

„Das Team der UP GmbH wird sich durch innovatives Denken und Handeln auch in Zukunft den Herausforderungen einer umwelt gerechten Abfall wirtschaft stellen“ (Unternehmens broschüre „Doing Business in Europe“)

FOTOS UND INTERVIEW ADOLF BUITENHUIS

taz: Herr Schmidt, es war nicht einfach, Sie zu finden. Sie haben nicht mal ein Firmenschild an Ihrer Tür.

Peter Schmidt: Ja, mit deutschen Maßstäben kann man das Geschäftsklima in Aserbaidschan wohl nicht messen.

Wie würden Sie denn das hiesige Geschäftsklima umschreiben?

Ich gebe Ihnen ein Beispiel. Heute morgen war ich beim Gericht. Eine Firma hat unsere Geschäfspapiere gefälscht. Zweifelsfrei, ich kann es Ihnen zeigen. Es ist aber eine aserische Firma, und das heißt, dass ich gegen sie keine Chance habe. Eine Mentalitätssache. In Aserbaidschan ist alles erst einmal für die Aseris. In diesem Fall ist der Streitwert gering, ungefähr 50.000 Dollar. Mir geht es aber ums Prinzip.

Sie sind ein ausländisches Unternehmen in Aserbaidschan und nicht im Ölgeschäft tätig. Sind Sie eine Ausnahme?

Das kann ich nicht sagen.

Sie entsorgen den Müll von Baku – einer Stadt mit fast zwei Millionen Einwohnern?

Ja, aber wir sind nicht die Einzigen. Wir sind für den Stadtbezirk Narimanov zuständig. Kasko RCP, ein tschechisches Unternehmen, pachtet zwei innerstädtische Bezirke. Und in den übrigen acht Bezirken entsorgt die Stadtverwaltung selbst den Müll.

Welche Mengen Müll fallen da für Sie an?

In unserem Bezirk sind das wohl so um die 200.000 Haushalte. Wichtiger ist aber der Geschäftsbereich mit privaten Firmen, mit denen wir Einzelverträge abgeschlossen haben. Da haben wir große und namhafte Kunden. Wir entsorgen für die amerikanische Botschaft, den Flughafen, Coca-Cola, BP, die größte Ölfirma hier in Aserbaidschan, und auch für deutsche Unternehmen wie Mercedes.

Kann man mit der kommunalen Müllentsorgung in einer Stadt wie Baku denn überhaupt Geld verdienen? Das Wohlstandsniveau lässt sich doch wohl, genauso wie das Geschäftsklima, kaum mit dem deutschen vergleichen?

Wir müssen viel Öffentlichkeitsarbeit leisten. Die Menschen hier kippen ihren Müll einfach auf den Hof oder auf die Straße. Um auf uns aufmerksam zu machen, haben wir die Müllsammelplätze mit Schildern ausgezeichnet. In Prinzip sind aber die Hausverwaltungen für eine ordnungsgemäße Mülleinsammlung zuständig. Wir sind ein Entsorgungsunternehmen und transportieren den Müll nur zur Deponie. Und dafür bezahlen die Einwohner, wie in jeder anderen Stadt, Gebühren.

Ja, aber ist das ein lohnendes Geschäft?

Von unseren Sammelcontainern werden immer wieder die Deckel abmontiert. Schaden pro Container: 350 Euro. Wir verwenden Metallcontainer, weil der Müll immer wieder angezündet wird – mit Plastikcontainern kann man hier nichts anfangen. Anfänglich haben wir 27 Lkws, zwei Planierraupen und einen Müllkompakter nach Aserbaidschan verfrachtet. Gebrauchte Geräte zwar, aber alles beste Maschinen aus Deutschland, eine Investition von 3,5 Millionen Dollar. Die Restschuld der Stadt, ich meine bis Ende 2000, beträgt noch immer 1,5 Millionen Dollar. Die schulden sie mir.

Sie haben ein Abkommen mit der Stadt Baku getroffen?

Ja. Der Vertrag läuft noch bis 2023.

Sie selbst sind noch gar nicht sehr lange im Geschäft?

Vorstand bin ich erst seit Ende 2000, als ich den Laden übernommen habe.

Kannten Sie das Land?

Wissen Sie, als ich nach meinem ersten Besuch hier auf dem Flughafen stand, habe ich gedacht: Hier fliegst du nie mehr hin. Nie wieder. Ich bin kein aserischer Chef mit Schlips und Kragen. Wenn’s nötig ist, packe ich selbst mit an. So habe ich das hier anfangs auch gemacht. Ich habe auch mal einen der Jungs losgeschickt, nach Feierabend, ein Palettchen Bier holen. Doch so etwas funktioniert nicht. Respekt muss in Aserbaidschan sein.

Mittlerweile haben Sie aber Ihre Meinung über das Land geändert?“

Eines ist wichtig, wenn man hier ins Geschäft einsteigen will. Man muss kapieren, dass man Ausländer ist. Man gehört nie dazu. Und wer nicht dazugehört, wird betrogen. Es funktioniert nur, wenn man alles kontrolliert. Und für die Kontrolle brauchen Sie einen Einheimischen, einen, der sich hier auskennt. Sie brauchen einen zuverlässigen Aseri.

Und Sie haben Ihren guten Aseri gefunden?

Wir beschäftigen im Moment 81 Arbeitnehmer. In der Hauptsache sind das Müllfahrer, dazu kommen Arbeiter auf dem Betriebshof, wo der Müll teilweise aussortiert wird.

Bemühen Sie sich denn da um westeuropäische Standards? Ich meine, Recycling ist doch ein Geschäft mit Zukunft, sogar in Aserbaidschan.

Ich würde sagen, hier in diesem Land ist das, was wir machen, beispielhaft für die kommunale Müllentsorgung. Und Ideen habe ich immer. Vor zwei Wochen war ich in Kasachstan. Da habe ich jetzt erste Kontakte geknüpft. Die ganzen alten Ölfelder hier in Baku. Das ist ein riesiges Problem, so verseucht, wie die sind. Da kann man nicht auf traditionelle Weise herangehen. Viel zu teuer. In Zusammenarbeit mit einem Essener Ingenieurbüro habe ich ein revolutionäres Verfahren entwickeln lassen. Es nennt sich Hydrostabverfahren und ist technisch ziemlich kompliziert. Aber ich sage Ihnen, der Boden reinigt sich damit wie von selbst.

ADOLF BUITENHUIS, Jahrgang 61, ist Grafiker der taz und lebt in Potsdam. Und er fotografiert – seit 1985 vor allem auf seinen Reisen durch Osteuropa