Weeze erdbebenfrei

Das Terremoto-Festival verlässt das Weezer Flughafengelände und zieht zum Nürburgring um – weil die Besucher den Luftverkehr gefährdeten

Der Umzug vom niederrheinischen Weeze an den Nürburgring ist ein Abschied mit Freude

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Im Internet kursierten schon länger Gerüchte über einen Umzug des Terremoto-Festivals. Nun ist es amtlich: Das Musikfestival wird in diesem Sommer nicht mehr in der niederrheinischen Gemeinde Weeze über die Bühne gehen, sondern an jenen Ort umziehen, an dem bereits ein anderes deutsches Pop-Festival beheimatet ist – an den Nürburgring. Das bestätigte Katharina Wenisch von der Konzertagentur Lieberberg auf Anfrage der taz. „Das Flughafengelände in Weeze ist planlos“, sagt Wenisch. Die logistischen Anforderungen seien für die Veranstalter, ein Zusammenschluss der mächtigsten Konzertagenturen des Landes, zu hoch. Der Hauptgrund für den Umzug ist aber ein anderer: Die Festival-Besucher gefährden den Flugverkehr.

Im Kern dreht es sich hier um die schlechten Erfahrungen des vergangenen Jahres. Beim ersten Terremoto-Festival im August 2003 hatten offenbar umnachtete Musikfans Leuchtraketen in den Himmel gefeuert. Die Ordnungshüter verboten daraufhin eine Fortsetzung des Spektakels, um eine weitere Gefährdung des Flugverkehrs auszuschließen. „Eine Großveranstaltung dieser Art bringt zu viele Probleme mit sich“, klagt Holger Terhorst, Marketingleiter des „Airport Niederrhein“. Aus dem einst kleinen Flughafen sei mittlerweile ein „richtiger Airport“ erwachsen, der täglich 20 Starts und Landungen verzeichnen könne. In diesem Jahr rechnet Terhorst erstmalig mit einer Million Fluggästen, die vor allem von den Spottpreisen des Luftfahrt-Discounters „RyanAir“ angezogen werden. „Luftraketen könnten da sehr gefährlich werden.“

Mit dem Abschied des Pop aus dem beschaulichen Strich Land findet auch das Gerangel um das Bizarre-Fesival, aus dem das Terremoto hervorgegangen war, ein Ende. 1999 war das Bizarre vom Butzweiler Hof in Köln nach Weeze übergesiedelt. Drei Jahre später meldete der damalige Veranstalter, die Bonner Konzertagentur CCB, Insolvenz an. Was dann folgte, war ein eher drolliger Disput: CCB wollte seine Rechte am Namen Bizarre partout nicht rausrücken – bis heute nicht. Die Marke „Bizarre“, jahrelang Publikumsmagnet und Garant für ein attraktives Programm, verstaubt nun in der Schublade des früheren CCB-Geschäftsführers Ernst-Ludwig Hartz.

Nach der Popkomm kehrt also ein weiteres Pop-Ereignis Nordrhein-Westfalen den Rücken. „Ein Abschied mit Freude“, nennt es Veranstalter Marek Lieberberg. Sonderbar ist es trotzdem, dass das Terremoto (italienisch für Erdbeben) dem längst am Nürburgring etablierten „Rock am Ring“ konkurrieren soll. Zumal dieses Festival ebenfalls von Lieberberg organisiert wird. In Weeze hingegen trauert man vor allem um den touristischen Wert des Festivals. „Mit Terremoto war Weeze in aller Munde“, weiß Rositta Moch vom Kultur- und Verkehrsamt. Schade sei der Umzug auch für die Jugendlichen der Gemeinde, die nun wohl weitere Fahrten in Kauf nehmen müssten. „Obwohl“, wendet Moch ein: „Weeze hat einiges zu bieten.“ Drei Burgen zum Beispiel. Oder die Niers, ein Fluss, auf dem man prächtige Paddeltouren unternehmen könne. Ob das die Jugend aufmuntern wird? Eher schon wäre ihnen ein Ausflug ins nahe Haldern zu empfehlen. Das schmucke Festival dort, namentlich „Haldern Pop“, verwehrt sich seit Jahren geradezu stoisch dem Kommerz und kündigt mit dem Sänger und Songwriter Paul Weller und den Indie-Virtuosen „Starsailor“ schon jetzt ein hübsches Programm an.