Ab Montag keine Sozialhilfe-Stellen mehr

Sozialressort stoppt Beschäftigungsprogramm für Langzeitarbeitslose von heute auf übermorgen. Hintergrund sind die Sparzwänge der Koalitionsverhandlungen. Auch mündliche Zusagen an Langzeitarbeitslose gelten ab Montag nichts mehr

Brtemen taz ■ Gestern Mittag bekam Katja Barloschky, die Geschäftsführerin der „Bremer Arbeit GmbH“ einen Anruf: Ab sofort darf kein Vertrag über eine BSHG-19-Stelle (Bundessozialhilfegesetz) mehr unterschrieben werden. „Am Montag werden sich einige Menschen wundern, die Zusagen haben und zu ihrer Arbeitsstelle kommen“, sagt Barloschky. Die Stimmung ist auf einem Nullpunkt: „Der Beschluss ist in seiner Kurzfristigkeit kaum vermittelbar.“

Die „Bremer Arbeit GmbH“ vermittelt im Auftrag des Arbeitsressorts diese Stellen, die SozialhilfeempfängerInnen wenigstens für ein Jahr eine normale sozialversicherungspflichtige Arbeit ermöglichen. 85 Betroffene haben eine mündliche Zusage, im April einen Vertrag zu bekommen. Wegen der aktuellen Haushaltsberatung sah die Sozialsenatorin sich allerdings gezwungen, die Notbremse zu ziehen – vorläufig bis zum 2. April, dann soll der Koalitionsausschuss die Sparmaßnahmen absegnen.

Dabei sind die BSHG-19-Stellen von den Kommunen ursprünglich genutzt worden, um Geld zu sparen: Ein Sozialhilfeempfänger, der ein Jahr lang einen „normalen“ Arbeitsvertrag vom Sozialamt hat, kann sich danach arbeitslos melden und bekommt sein Geld vom Arbeitsamt. Die Kommunen waren daher geneigt, vor allem für diejenigen die Kosten auf den Bund abzuwälzen, bei denen es wenig Chancen auf eine Vermittlung in eine feste Stellung gab und die auf Dauer die kommunale Sozialhilfe-Kasse zu belasten drohten. Die neue Sozialgesetzgebung soll das Verschiebe-Spiel beenden, Beschäftigungspolitik soll auf Menschen konzentriert werden, die eine reale Vermittlungschance auf dem ersten Arbeitsmarkt haben. Für die BSHG-19-Klientel bleiben dann die Sozialhilfe und fünf Euro „Prämie“ pro Tag, wenn sie einer „nützlichen“ Beschäftigung nachgehen.

Bisher hieß es in Bremen: Abwarten, bis im Juli Genaues über die Regelung der Bundesreform Hartz IV bekannt wird und ob die neuen Gesetze tatsächlich zum 1.1. 2005 in Kraft treten. Selbst Verträge, die am 1. Juli 2004 für zwölf Monate abgeschlossen werden, lohnen sich noch für Bremen, sagt Barloschly: Die Kommune spart nach der derzeitigen Hartz-Konzeption ein Jahr lang das Wohngeld, wenn Sozialhilfeempfänger sich nach 12 Monaten arbeitslos melden. „Ich rede an dieser Stelle nicht über Moral, sondern frage nur nach der finanzpolitischen Vernunft“, sagt Barloschky. Was die Moral angeht, da ist für sie klar: Fast 1.000 Menschen sind im vergangenen Jahr über das Instrument BSHG-19 mit einem Arbeitsvertrag ausgestattet worden. Diese Hilfe für Langzeitarbeitslose „darf nicht wegbrechen“.

„Ein Skandal“ sei der Beschluss, sagt der Verband der Beschäftigungsträger (VBB), weil die alten Instrumente der Arbeitsmarktpolitik für diese Menschen zerschlagen werden, ohne dass die neuen Instrumente schon erkennbar wären und zur Verfügung stünden. Auch die Landesarbeitsgemeinschaft der Wohlfahrtsverbände warnt die Senatorin davor, sich aus der aktiven Arbeitsmarktpolitik zurückzuziehen.Klaus Wolschner