Ein fröhlicher Abschied

Die geplatzte Privatisierung des Flughafens entsetzt niemanden. Senat und Opposition sind sich einig: Staat darf sich nicht erpressen lassen. Konzept des Single-Airports soll nicht angetastet werden

von ROBIN ALEXANDER
und RICHARD ROTHER

Politiker aller Couleur begrüßten das Scheitern der Privatisierungsverhandlungen des Flughafens: „Mit diesem Konsortium war kein Abschluss möglich“, meinte etwa Alexander Kaczmarek (CDU). Deutlich kritisiert wurden die am Bieterkonsortium beteiligten Firmen Hochtief und IVG. „Hochtief beschäftigt einem Ondit zu Folge mehr Rechtsanwälte als Bauingenieure“, sagte Kaczmarek im Abgeordnetenhaus. Michael Cramer (Grüne) attestierte dieser Firma gar „kriminelle Energie“ und „illegale Praktiken“. Der Regierende war in seiner Rede um Vorsicht bemüht. Klaus Wowereit fürchtet juristische Folgen deutlicher Äußerungen, da das Vergabeverfahren formal noch läuft.

Erst am Vormittag hatte Wowereit verkündet, mit dem Bieterkonsortium für den Flughafen Berlin-Brandenburg International (BBI) in Schönefeld eine so genannte Aufhebungsvereinbarung zu treffen. Inhalt: Die Bieter nehmen vom Projekt Abstand, verzichten gleichzeitig auf weitere juristische Auseinandersetzungen. Dafür soll das Konsortium um den Essener Baukonzern Hochtief und die Bonner Immobiliengruppe IVG eine „Entschädigung“ in Höhe von 40 Millionen Euro erhalten, berichtet der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Dies wollte Wowereit gestern nicht bestätigen. Über Details des Abwicklungs-Deals sei Stillschweigen vereinbart worden, so Wowereit: „Ich bin zufrieden, dass jetzt ein Punkt gesetzt wurde.“

Diese Position teilt auch sein Koalitionspartner PDS: „Der Abbruch der Privatisierungsmaßnahmen ist vernünftig“, erklärte Wirtschaftssenator Harald Wolf. Das Angebot der Privaten hätte zu hohe Risiken für die öffentliche Hand beinhaltet. Die Eigner der Berliner Flughäfen, die Länder Berlin, Brandenburg und der Bund, wollen nun das Drei-Milliarden-Projekt allein umsetzen. Wowereit: „Jetzt müssen wir es selber anpacken.“ Zuletzt war von Baukosten mit einem Gesamtvolumen von 1,3 Milliarden Euro die Rede. Die Gesellschafter müssten allerdings nicht die Gesamtsumme aufbringen, so Wowereit, da künftige Gewinne zur Refinanzierung herangezogen werden könnten.

Cramer forderte für die Grünen die Einbeziehung von Anti-Korruptions-Organisationen wie Transparency International. Das hatte auch der Flughafenuntersuchungsausschuss in der vergangenen Legislaturperiode empfohlen. Wowereit jedoch lehnte dies ab: „Den Eindruck zu erwecken, bei jeder öffentlichen Investition sei Korruption im Spiel, ist unerträglich.“

Noch im Februar hatte Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) von rund 240 Millionen Euro gesprochen, die durch den Flughafen-Ausbau auf den Berliner Haushalt zukämen. Dies sei aber durch eine Umschichtung der jährlichen Investitionsmittel leistbar. Insgesamt müssten die drei Gesellschafter rund 650 Millionen Euro aufbringen, der Rest ließe sich von der Flughafenholding über Einnahmen aus dem Flughafenbetrieb, EU-Fördermittel und Darlehen finanzieren.

Alle drei Gesellschafter betonten, dass sie am Konsensbeschluss von 1996 festhalten, der den Ausbau Schönefelds zum Single-Airport und die Schließung der innerstädtischen Flughäfen Tegel und Tempelhof vorsieht. Für Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) bleibt BBI ein Schlüsselprojekt für die wirtschaftliche Entfaltung der Region, das „tausende Arbeitsplätze“ schaffe. Einen Termin für die Inbetriebnahme Schönefelds wollte er nicht nennen. Es bleibe „im Wesentlichen“ bei der „Zeitschiene, die im Raum steht“. Bisher war vorgesehen, den Großflughafen 2008/2009 zu eröffnen, ein erster Planfeststellungsbeschluss soll Anfang 2004 erfolgen.

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