Grüne Gentechnik mit Nebenwirkungen

Der Umwelt-Sachverständigenrat der Regierung mahnt Nachbesserung beim Gentechnikgesetz an: Es fehle eine Definition für Schäden an der Umwelt. Das Gesetz sei aber ein „tragfähiger Kompromiss“. Union will im Bundesrat die Regelung verändern

VON BERNHARD PÖTTER

Das rot-grüne Gentechnikgesetz gerät immer mehr in die Kritik. Greenpeace hat die Vorschrift, die den Einsatz von gentechnisch manipulierten Pflanzen in Deutschland regeln soll, bereits „eine Zumutung“ genannt. CDU/CSU sehen in ihr ein „Verhinderungsgesetz“. Gestern hat nun auch der Sachverständigenrat für Umwelt (SRU), ein Beratergremium der Regierung, Nachbesserungen an dem Entwurf gefordert. Die Regierung solle nicht nur die Bauern, sondern auch die Umwelt besser schützen. Sie solle den Genanbau in der Nähe von Naturschutzgebieten untersagen und das Standortregister für Genpflanzen verbessern.

Grundsätzlich begrüßte der Sachverständige Konrad Ott, Professor für Umweltethik an der Uni Greifswald, das Gentechnikgesetz als „tragfähigen Kompromiss“. Das Gesetz, das Verbraucherschutzministerin Renate Künast (Grüne) im Januar dem Kabinett vorstellte, soll die „Koexistenz“ von Gentech-Landwirtschaft, konventionellem und Bioanbau sichern. Die Wahlfreiheit der Konsumenten, gentechfreie Produkte zu beziehen und die Freiheit des Landwirts, ohne Gentech zu ackern, sei „besonders schützenswürdig“, so Ott. Auf jeden Fall müsse sichergestellt werden, dass die konventionelle und die Biolandwirtschaft in ihrer Existenz bestehen blieben. „Die grüne Gentechnik muss unter Beweis stellen, dass sie koexistenzfähig ist“, sagte Ott.

Zentrale Kritik des SRU: Zwar verlange das Gesetz, die Freisetzungen dürften „keine schädlichen Auswirkungen auf Gesundheit und Umwelt“ haben – doch „konkrete Maßstäbe und Kriterien für diesen äußerst vagen Schädlichkeitsbegriff“ gebe es nicht. Damit erfülle der Entwurf „nicht die elementaren Voraussetzungen eines wirksamen Risikomanagements“.

Außerdem müsse die „gute fachliche Praxis“ konkreter gefasst werden. Diese soll dem Bauern vorschreiben, über Mindestabstände der Felder, die Auswahl der Sorten, Transport und Lagerung der Produkte unerwünschte Gen-Verbreitungen zu vermeiden. Bei der Anzeige der Freisetzungen im „Standortregister“ solle zusätzlich aufgeführt werden, welche konventionellen Arten rundherum gepflanzt würden. Schließlich sollten Genpflanzen neben Naturschutzflächen untersagt werden können.

Allgemein warnt der SRU davor, das Gesetz „weiter zu Gunsten der grünen Gentechnik zu verändern“ – wenn unter Schlagworten wie „Innovationsoffensive erheblicher Druck entsteht“. Genau danach sieht es aber aus. Anfang April wird das zustimmungspflichtige Gesetz im Bundesrat behandelt. Dort will die Union das Gesetz ändern. Sie will etwa die Haftung der Bauern nur festschreiben, wenn ihnen ein Verschulden nachzuweisen ist – und nicht unabhängig vom Verschulden, wie jetzt geplant. Eine Vorschrift zur „guten fachlichen Praxis“ ist nach Ansicht der Union „praxisfremd und überflüssig“. Wie für konventionelle Bauern solle auch für Biobauern ein Grenzwert von 0,9 Prozent der Gen-Verunreinigung von Produkten gelten. Einen Schaden gebe es dann nur oberhalb dieser Grenze. Schließlich geht der Union die Transparenz im offenen „Standortregister“ zu weit.

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