„Mehr Hass als Öl in Arabien“

Arabische Presseschau (3): Nach dem Irakkrieg nötigen die jüngsten Anschläge islamische Zeitungen zum Umdenken

Nach den Selbstmordanschlägen inmitten arabischer Städte wie Casablanca und Riad entdecken die Herrscher plötzlich, dass im Kampf gegen den Extremismus die Peitsche durch das Argument ergänzt werden muss. Deshalb werden die Tabus für die Presse nun gelockert.

Nun werden die Ursachen des terroristischen Phänomens auch mit den politischen Verhältnissen in den arabischen Ländern in Verbindung gebracht: So plädiert die in London erscheinende saudische Zeitung Asharq al-Awsat für eine aktive Rolle der islamischen Welt im Krieg gegen den Terrorismus: „Der Krieg gegen das verdorbene Denken, das sich in die Gesellschaft einschleicht und Teile der Jugend zum Abgrund und zur Selbstzerstörung führt (…), ist die Verantwortung der islamischen Welt.“ Der Islam sei eine Religion der Mäßigkeit und gegen jede Form des Fanatismus. Denn die Hetzer seien die wahren Täter.

In einem zweiten Beitrag wird eine Überprüfung des Bildungssystems verlangt: „Die Programme müssen von Spezialisten, die die Herrscher nicht vergöttlichen, ausgearbeitet werden. Die Geschichte ist von der Lüge zu befreien. Sie muss nicht auf die Sippe oder auf die führende Partei reduziert werden.“ So müsse ein arabischer Mensch tolerant und offen für andere Kulturen erzogen werden.

Nach Ansicht der Tageszeitung Alquds liegen die Ursachen der Terroranschläge in der Großmachtpolitik der USA, in ihrer proisraelischen Haltung im Nahostkonflikt und in ihrem völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak begründet. Diese Politik hätte dazu beigetragen, dass das arabische Vorkommen an Hass das Ölvorkommen übertreffe. Da das Öl das Monopol bestimmter Gruppen und Eliten bleibe, seien der Hass und das Gefühl der Unterdrückung die einzig verfügbare Energiequelle der Mehrheit der Menschen geworden. Diese Energie sei von Radikalen in Riad und Casablanca in eine zerstörerische Kraft verwandelt worden.

Die libanesische Tageszeitung An-Nahar befasste sich auf ihrer Titelseite mit der gespannten Lage in den besetzten Gebieten: „Bush will sich nicht in eine verlorene Sache einmischen. Die sieben Seiten des Fahrplans brennen, eine nach der anderen.“ Der Korrespondent der Zeitung in Washington berichtet über die negativen Folgen der Selbstmordanschläge in Israel für das Engagement des amerikanischen Präsidenten im Nahen Osten. Die Zeitung kommentiert weiterhin die schwierige Lage des palästinensischen Ministerpräsidenten: „Die Geschichte Mahmud Abbas’ mit den politischen Lösungen ähnelt völlig der Geschichte des Fahrplans. Er ist nicht in der Lage, die Logik der Gegenseitigkeit der Maßnahmen durchzusetzen. (…) Er selbst ist nicht in der Lage, die palästinensischen Organisationen zu positiven Schritten zu zwingen, ohne von Scharon eine Gegenleistung zu erhalten.“

ABDEL HUSSEINI