China droht Taiwan

Wegen der Unruhen nach der Wahl denkt Peking zum ersten Mal laut über Intervention auf der Insel nach

PEKING/TAIPEH dpa ■ China hat erstmals eine Einmischung in Taiwan angedroht, falls die innenpolitischen Spannungen nach dem knappen Ausgang der Wahl „außer Kontrolle geraten“. Nach der offiziellen Ausrufung von Präsident Chen Shui-bian zum Wahlsieger in Taipeh stellte sich das Pekinger Taiwan-Amt am Freitag demonstrativ auf die Seite des Oppositionskandidaten Lien Chan. Ihn hätte die kommunistische Führung als Sieger lieber gesehen, weil er sich für bessere Beziehungen zu Peking einsetzt. Die Wahlkommission habe „die starke Opposition“ von Liens Kuomintang-Partei gegen das Wahlergebnis „ignoriert“, erklärte das Taiwan-Amt.

„Wenn die Situation nach der Wahl außer Kontrolle gerät, soziale Unruhe ausbricht, das Leben von Menschen in Gefahr gerät und der Besitz unserer taiwanesischen Landsleute gefährdet und die Stabilität in Taiwan erschüttert wird, werden wir die Lage nicht ignorieren“, hieß es. Die Wortwahl ist eine deutliche Abkehr von der bisher gezeigten Zurückhaltung. Eine Intervention in der nur als abtrünnige Provinz betrachteten Inselrepublik wäre nach den neuen Notstandsregelungen in Chinas Verfassung möglich.

Oppositionskandidat Lien hatte eine Neuauszählung der Stimmen gefordert, nachdem Chen nur mit einem knappen Vorsprung von 30.000 Stimmen gewonnen hatte. Zudem klagt er beim Obersten Gericht gegen die „ungerechte“ Wahl und fordert mehr Informationen über das Attentat auf Chen, das ihm entscheidende Sympathiestimmen eingebracht haben soll.