Kein schöner Land in dieser Zeit

Ministerpräsident Peer Steinbrück sieht das Abendland nicht in Gefahr, wenn die Kulturhaushalte halbiert werden – und behauptet das ausgerechnet bei der Festaktrede für‘s NRW-Kultursekretariat

VON PETER ORTMANN

Ministerpräsident Peer Steinbrück (SPD) schert sich einen Dreck um die Kultur in Nordrhein-Westfalen. „Das Abendland ist nicht gleich in Gefahr, wenn ein gewisser Prozentsatz dort eingespart werden muss“, behauptete das Oberhaupt der rot-grünen Koalition am Samstag in Wuppertal. Anlass war eine durch mehrfache Zwischenrufe unterbrochene Rede beim Festakt zum 30 jährigen Bestehen des NRW-Kultursekretariats.

Die Verfassung gebe dem Staat keineswegs den Auftrag, „alles in die Breite zu fördern“. An diesem Tag war Steinbrück durch nichts aufzuhalten. Nicht von Hans-Georg Küppers und Oliver Scheytt, den beiden Kulturdezernenten aus Bochum und Essen, die beide versuchten, den Regierungschef zu relativieren. Und auch nicht von Kulturminister Michael Vesper, der ausschließlich als Ringparabel-Stichwortgeber für Schauspiellegende Traugott Buhre fungieren durfte. Als staatstragender Sultan Saladin erhielt Vesper von Moderatorin Mechthild Nicolin eine Reclam-Ausgabe mit neuer Rechtschreibung mit der Hoffnung „Damit sie gehörig ins Stottern geraten“.

„Der Ministerpräsident war schon ein Problem.“ Dietmar N. Schmidt war selbst einen Tag nach dem Festakt noch sehr nachdenklich. Der scheidende Leiter des Kultursekretariats in Wuppertal, dem Zusammenschluss der großen, theatertragenden Städte in NRW, sieht sein Lebenswerk in Gefahr. Er hat in den vergangenen drei Jahrzehnten unter dem Motto „Fördern, was es schwer hat“ sowohl das Theatertreffen „Impulse“ wie auch den, gerade wieder bevorstehenden Dramatikerwettbewerb „Stücke“ ins Leben gerufen. „Das Sekretariat ist eines der wichtigsten Kulturinstitute im Land“, sagt Oliver Scheytt.

„Doch jetzt steht ein Paradigmenwechsel bevor“, sagt Schmidt – Steinbrück interessieren die Erfolge nicht, er sieht weitere Streichungen am Horizont. „Ein völlig absurdes Verhalten“. Als verantwortungsbewusster Politiker und Finanzoberhaupt des Landes habe Steinbrück die Aufgabe, fürsorglich mit der Kultur umgehen. Genauso sieht das Oliver Keymis, der kulturpolitische Sprecher der Grünen. Auch er war mit Steinbrücks Rede in Wuppertal nicht zufrieden. „Der Kulturetat ist kein Subventionstatbestand“, sagt Keymis. Er hätte wenigstens erwartet, dass der Ministerpräsident Hoffnung verbreitet, für den Fall das ein wirtschaftlicher Aufschwung absehbar sei. „Das hat sogar Wolfgang Clement damals getan“, sagt er. Die Aussagen des SPD-Politikers Steinbrücks lassen für die Zukunft der Kultur in NRW nichts Gutes erwarten.