Märchen aus Spritzbeton

Filigrane DDR: Hochschule zeigt Ulrich Müthers Schaffen

Sie heißen Seerose, Ahornblatt und Teepott, manchmal auch nur Mehrzweckhalle: Wer glaubt, DDR-Moderne sei bloß Plattenbau, irrt. Denn es gab Ulrich Müther, den Ingenieur und Direktor des VEB Spezialbeton von der Insel Rügen. Und, ob poetisch oder prosaisch – unverwechselbar sind alle seine Bauten. Die Hochschule Bremen widmet ihm nun eine Werkschau – mit Originalmodellen.

Auch deren Stil ist sehenswert. Ihrem Realismus scheint etwas Märchenhaftes eingeschrieben. Der Ausgangspunkt dafür ist allerdings nüchtern: Die charakteristischen hauchdünnen Betonschalen und exaltierten Formen sind ein Produkt der Mangelwirtschaft. „Bei uns war Material teuer, billig waren die Arbeitskräfte,“ so Müther bei der Eröffnung. Das Zauberwort heißt hyperbolischer Paraboloid: Diese geometrische Figur erlaubt, komplizierteste Formen aus Geraden zu konstruieren. Das erleichtert das Einschalen. Im Kuppelbau konnte Müther mit Hilfe von Karnickeldraht und Spritzbeton sogar ganz darauf verzichten: Seine Technik wurde zum Exportschlager. Doch der Ruf nützt im real existierenden Kapitalismus wenig. Wenn ein Investor einen großen Klotz abstellen will, muss um die filigranen Betongebilde gezittert werden: Das lange schon denkmalgeschützte Berliner Ahornblatt Müthers – ist abgerissen. Eberhard
Syring

Hochschule, AB-Trakt, Raum 510,Neustadtwall 30., tägl. außer So, 9 - 19 Uhr. Bis 4. 4.