wie brüder teilen wir den heiligen rauch von RALF SOTSCHECK
:

Jetzt wird es ernst. Heute ist in Irland das Rauchverbot am Arbeitsplatz in Kraft getreten, und dazu gehören auch Pubs und Restaurants. Unter den Nikotinsüchtigen macht sich Panik breit. Ich gehöre nicht mehr dazu, denn seit acht Wochen und vier Tagen bin ich Ex-Raucher. Da mich ein gehässiger Kollege einmal nicht ganz zu Unrecht als „Schutzheiligen der Labilen“ bezeichnete, habe ich vorsichtshalber sechs Wochen lang die noch nicht rauchfreien Kneipen gemieden.

Die Abende verbrachte ich vor dem Fernseher – sehr zum Unmut meiner Mitbewohner, da ich die Fernbedienungshoheit mit dem Argument an mich gerissen hatte, dass ich als hoch gefährdeter Suchtbolzen jederzeit in der Lage sein müsse, beim Anblick einer brennenden Kippe auf ein anderes Programm umzuschalten. Man ahnt gar nicht, wie viel im Fernsehen geraucht wird. Das war mir bisher nicht aufgefallen.

Selbst bei harmlos scheinenden Filmen wie „Ein Mann, den sie Pferd nannten, Teil zwei“ muss man auf der Hut sein. Es ist ein grauenhafter Kolonialfilm, in dem der Ire Richard Harris einen englischen Aristokraten spielt und den Rothäuten Mut und Tapferkeit beibringt. Am Ende reicht der Häuptling der Dakotas dem Häuptling der Yellow Hands die Friedenspfeife mit den Worten: „Wie Brüder teilen wir den heiligen Rauch.“

Das Zeitunglesen macht ebenfalls keinen Spaß mehr. Plötzlich, extra für mich, ist Nichtraucherguru Allen Carr in allen Blättern. Mit seiner Anti-Raucherbibel hat er so viel Geld gemacht, dass er sich ein Luxushaus in Spanien kaufen konnte. In der Sunday Tribune gesteht Carr, dass er „ein armseliger Drogensüchtiger“ gewesen sei, im Observer behauptet er, Rauchen sei „so sozialverträglich wie Furzen im Fahrstuhl“, in der Times wettert er gegen Nikotinpflaster. Es sei das Gleiche, findet er, als ob die Regierung sagt: „Raucht kein Heroin – injiziert es!“

Auf dem Cover der Wochenendbeilage des Guardian sind 18 ausgedrückte Kippen abgebildet. Das ist ja eklig. Innen lässt sich Carr auf sechs Seiten darüber aus, dass er früher geglaubt habe, es gebe Raucher und Nichtraucher auf der Welt. Heute weiß er, dass es Menschen gibt, die Oliven mögen, und andere Menschen, die sie nicht mögen. Will er den Spaniern jetzt das Olivenessen abgewöhnen? Bei dieser Carr-Überdosis möchte man fast aus Trotz wieder rauchen, zumal Hitler im Buch seiner Sekretärin Traudl Junge mit dem Satz zitiert wird: „Überhaupt ist Tabakgeruch kein Parfum, das den Frauen schmeichelt.“

Ich habe neulich eine Glückwunschkarte bekommen, obwohl ich erst nächsten Montag Geburtstag habe. Es war eine jener lächerlichen Karten, auf denen aufgelistet ist, welche weltbewegenden Ereignisse im Geburtsjahr des Adressaten geschehen sind. So hat ein britischer Unterhaus-Ausschuss kurz vor meiner Geburt erstmals eine Verbindung zwischen Rauchen und Lungenkrebs hergestellt. Der britische Gesundheitsminister warnte damals jedoch vor „Panikmache“: Der Krebserreger sei noch gar nicht identifiziert, irgendetwas am Arbeitsplatz könne genauso gut schuld sein. Also sollten die Iren nicht das Rauchen am Arbeitsplatz verbieten, sondern vorsichtshalber die Arbeitsplätze abschaffen.