Anonym und niedrigschwellig

Seit zehn Jahren bietet der Tagestreff Kemenate Hilfe für wohnungslose Frauen

Einen Einbruch im Leben wie plötzliche Armut und Obdachlosigkeit bewältigen Frauen anders als Männer. Statt öffentlich sichtbar auf der Straße zu leben, entwickeln sie Strategien, um gerade nicht als wohnungslos erkannt zu werden. Um möglichst lange ohne Hilfe auszukommen und um sich vor moralischen Verurteilungen und Gewalt zu schützen, geben sie sich äußerlich den Anschein eines normalen Lebens.

Die Geschichten vieler Frauen, die in den vergangenen zehn Jahren den Tagestreff Kemenate aufgesucht haben, sind geprägt von Gewalterfahrung, unsicheren Verhältnissen und Zwangspartnerschaften. „Der Abstieg kann ganz schnell erfolgen“, weiß Karin Dölling, Sozialarbeiterin bei Kemenate. „Schon nach einer Scheidung, wenn der Mann die gemeinsame Wohnung behält.“

Seit 1993 arbeitet Kemenate als Schutzraum und Pension, in der wohnungslose Frauen vorübergehend bleiben können. Die Anlaufstelle wird durch die Behörde für Soziales und Familie finanziert und ist bis jetzt das einzige Hilfeangebot dieser Art speziell für Frauen in Hamburg. Hier ist Raum für tägliche Verrichtungen wie Kochen, Duschen, Wäschewaschen. Vier Sozialpädagoginnen geben Unterstützung bei der Wohnungssuche und begleiten ins staatliche Hilfesystem. „Die Frauen, die zu uns kommen, entstammen allen sozialen Schichten, haben die unterschiedlichsten Bildungshintergründe und sind bis über 80 Jahre alt“, berichtet Karin Dölling.

Anonym und niedrigschwellig ist die Arbeit angelegt, die die Betreuerinnen des Tagestreffs seit zehn Jahren leisten. „Das schafft Vertrauen“, so Dölling. Und zieht immer mehr Besucherinnen an. CHK

Kemenate, Charlottenstraße 30, 20257 Hamburg, Geöffnet täglich zwischen 14 und 19 Uhr außer Mi., 10 bis 15 Uhr, www.kemente-hamburg.de, Kemenate-Tagestreff@t-online.de.