Die Faxen dicke

Abschied (IV): St. Pauli steht vor dem Ende auf der Suche nach Geld. Bürgschaftsgemeinschaft bietet Hilfe an. Der Club will kommende Woche eine detaillierte Aufklärung präsentieren. Ex-Funktionäre wollen Finanzlücke nutzen

Der Bürgermeister höchstselbst will Dauerkarten an die Fans bringen

von OKE GÖTTLICH

Trotz aller Schwierigkeiten, die Ist-Situation beim FC St. Pauli zu analysieren, kommt jetzt Hilfe aus der Wirtschaft. Die Bürgschaftsgemeinschaft bietet dem Not leidenden Kiez-Club an, eine Bürgschaft zur Absicherung eines dringend für die Regionalliga-Lizenz benötigten Darlehens von zwei Millionen Euro zu beantragen, sagte deren Geschäftsführer Stefan Papierow gestern.

Derweil ranken sich wildeste Vermutungen über die finanzielle Lage beim FC St. Pauli. Warum die liquiden Mittel beim Zweitligisten fehlen, versuchte das gestrige Abendblatt zu ergründen – leider mit nur wenigen richtigen Zahlen und vielen falschen Interpretationen altbekannter InformantInnen. Weder stimmen die genannten 174.000 Euro für den Vergleich mit den Stadionarchitekten KHD Czerner, die 150.000 Euro zahlbar in 15 Raten bekommen, noch verdient Trainer Franz Gerber 18.000 Euro.

Richtig dagegen sind die Mindereinnahmen aus den Fernsehtöpfen aufgrund des schlechten Tabellenplatzes über die gesamte Saison: Ein Argument gegen die Liquiditätsplanung alter Handlungsbefugter wie Manager Stephan Beutel und Ex-Geschäftsführerin Tatjana Groeteke, die noch zum Ende des Vorjahres Geld in der Kasse wähnten. Fahrlässig obendrein, weil die TV-Einnahmen bereits vor dem Präsidiumswechsel von Reenald Koch zu Corny Littmann reduziert gewesen sein müssen und ebenfalls nicht bedacht worden ist, dass die Berufgenossenschaft (460.000 Euro) wie üblich bereits im April jeden Jahres bezahlt werden muss.

Behauptungen, dass derzeit erhöhte Kosten für Anwälte und Wirtschaftsprüfer aufgrund von Kündigungen und Prüfungen anfallen, dürfen als Kompliment verstanden werden, da immerhin einige Fehltritte der alten Funktionäre (Koch, Aufsichtsrat Peter Paulick, Ex-Vizpräsident Christian Pothe, Groeteke und Beutel) kurz vor dem Crash des Vereins aufgedeckt wurden und zur Verschlankung geführt haben, um künftig kostendeckend zu arbeiten.

Die Kritik am neuen Präsidium, den Zahlen Groetekes („Es sind noch 400.000 Euro für neue Spieler vorhanden“) volles Vertrauen geschenkt zu haben, dürfen bezüglich der Hoffnung auf den Erhalt der 2. Liga (und damit mehr finanziellen Mitteln) relativiert werden.

Um die Missverständnisse aufzuklären, lässt das Präsidium Ausgaben der Vergangenheit momentan prüfen. Die Ergebnisse werden in der kommenden Woche vorgelegt. „Es muss jetzt alles im Detail aufbereitet und transparent gemacht werden – mit Verantwortlichkeiten“, sagt Geschäftsführer Frank Fechner.

Solidaritätsbekundungen erhält der Verein derweil nicht nur von seinen Fans, die mit Aktionen Geld für den Verein sammeln wollen, sondern auch von Bürgermeister Ole von Beust (CDU). Dieser wird zu Beginn des Dauerkartenverkaufs Anfang Juni höchstselbst Tickets verkaufen, um zu helfen.

Anderen Unterstützern wie dem Kaufmann Burim Osmani steht der Verein skeptisch gegenüber. Nach Informationen der taz wollen auch Paulick und Pothe über einen Teilkauf des Trainingsgeländes Kollaustraße wieder vereinspolitisch aktiv werden. Auch wird die Football-Abteilung des FC St. Pauli gerade von Neumitgliedern überschwemmt. Leider haben sie vergessen, den Faxabsender über den von ihnen kopierten Eintrittsformularen zu entfernen – Absender ist die Anwaltskanzlei Paulick. Ähnlich dilletantisch hat Paulick wohl auch in der Vergangenheit gewirkt.