AMT UND MANDAT NICHT MEHR ZU TRENNEN IST SINNVOLL UND KONSEQUENT
: Fischer bleibt Chef der Grünen

Ein Ergebnis der grünen Urabstimmung über die künftigen Modalitäten der Trennung von Amt und Mandat stand schon lange vor Auszählung der Stimmen fest: das Ende der leidigen Debatte. Das allein ist bereits eine gute Nachricht für all diejenigen, die meinen, dass Politik nicht ausschließlich aus Postengerangel und Nabelschau besteht. Die Entscheidung der Parteimitglieder, das alte Prinzip aus Gründungszeiten aufzuweichen, ist aber auch inhaltlich sinnvoll und konsequent. Die Trennung von Amt und Mandat hatte ihre Berechtigung, solange sich die Grünen noch als Alternative zum herkömmlichen Parteiensystem verstanden und jede Konzentration der Macht in einer Hand ablehnten. Die Zeiten sind vorbei.

Die Grünen waren angetreten, das System zu verändern – statt dessen hat das System sie verändert. Es wäre nicht mehr als ein letztes Aufbäumen gegen die Realität gewesen, wenn die Basis sich dem Wunsch der Führungsspitze nach einer Satzungsänderung verweigert hätte. Das gilt umso mehr, als ausgerechnet die Trennung von Amt und Mandat das Gegenteil von dem bewirkt zu haben scheint, was ursprünglich beabsichtigt gewesen war: nämlich die Verfestigung informeller Machtstrukturen. Joschka Fischer ist niemals Vorsitzender der Grünen gewesen. Trotzdem verfügt er intern über mehr Einfluss als alle anderen Spitzenpolitiker. Spekulationen über Fischers möglichen Wechsel nach Brüssel genügen, um bei den Grünen amüsante Diadochenkämpfe ausbrechen zu lassen. Die Parteivorsitzenden – zur Erinnerung: sie heißen Beer und Bütikofer – spielen in diesem Zusammenhang keine Rolle.

Aber sie machen ihren Job ganz ordentlich, der eine etwas besser als die andere. Alle Voraussagen haben sich als falsch erwiesen, denen zufolge der Abschied ihrer Vorgänger aus dem Amt die politische Bedeutungslosigkeit der Grünen nach sich ziehen müsste. Wichtiger ist die Partei allerdings auch nicht geworden. Das Ergebnis der Urabstimmung scheint also sehr viel weniger wichtig zu sein, als viele Grüne glauben. Das gilt allerdings für viele Interna von Parteien. Auch in dieser Hinsicht sind die Grünen inzwischen eben wie alle anderen.

BETTINA GAUS